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An das Geheime Consilium

[Concept.]

In gehorsamster Befolgung des von dem verehrten geheimen Consilio an mich ergangenen Auftrags habe ich mich zu Christian Wilhelm Gabriel, alhier, sogleich begeben, um seine Kupfersammlung und sonstige Effecten, die er, zu einem Geschenk für des Herrn Erbprinzens Durchl., angeboten hat, zu besehen und ermangle nicht hierüber meine schuldige Relation abzulegen.

Gedachter Mann scheint, nachdem er sein, über der Rasenmühle gelegenes, schönes Grundstück, vor ohngefähr 6 Jahren, verkauft, mehr von dem Capital als von den Interessen zu leben und das Geld was er in Händen hat, allenfalls, durch Ausleihung auf Pfänder zu nutzen, er bewohnt ein unansehnliches, aber reinlich gehaltnes Haus, nicht weit vom Markte, hinter dem Rathhaus, und hat die Grille gehabt vier, aber artige Zimmer auf eine wunderliche, man darf wohl sagen, abgeschmackte Weise durch Verzierung unbrauchbar zu machen.

Er hat nämlich mit Augsburger und Nürnberger Kupferstichen die Wand regelmäßig tapezirt und den Zwischenraum der einzelnen Blätter mit kleinen Schleifen von Goldpapier bedeckt, so wie er auch, auf Tischen und kleinen Wandgestellen, viele Gipsbilder, wie sie von den Herumträgern verkauft werden, aufgestellt [173] und auch dabey, so wie an den schwarzen Vorhängen, womit die Thüren verziert sind, die goldnen Schleifen nicht vergessen hat. Einige Wachsfiguren von Conditorarbeit finden sich auch mitunter, so wie ein optischer Kasten in der Wand angebracht ist, in welchem alte Prospecte sich zeigen. Sollte diese sonderbare geschmacklose Verzierung decomponirt werden, so fürchte ich man würde für ihre einzelne Theile wenige Laubthaler in einer Auction lösen können.

Das geschnitzte Bild eines Heiligen und einige geschliffne Trinkgläser allein sind nicht ganz schlecht.

Aus dem Vorgesagten ist leicht zu ersehen daß das von ihm eingereichte und beyliegend zurückgehende Schreiben wohl keine günstige Resolution zu erwarten haben möchte, um so mehr da es mir nicht sowohl seine eigne als seiner Umgebung Speculation zu seyn scheint, bey dieser Gelegenheit irgend ein kleines Geschenk zu erhaschen.

Mit schuldiger Verehrung mich unterzeichnend

Jena d. 11. Jun. 98.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An das Geheime Consilium. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-799F-B