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An Carl Friedrich von Reinhard

Ihren Brief, lieber verehrter Freund, vom 7. August erhalte ich bey meiner Rückkunft in Weimar [95] am 16. September; indessen wird einer vom vierzehnten August aus Carlsbad bey Ihnen mit meinem Dank für Ihre gütige Vorsorge angelangt seyn. Meine Reisesammlung ist seit Ihrer ersten Sendung, welche mir so viel Segen brachte, immer mehr angeschwollen und es giebt in einsamen Stunden nunmehr eine angenehme Beschäftigung, diese neuern Acquisitionen einzurangiren. Sagen Sie Herrn Villers für die Mittheilung so bedeutender Blätter den allerschönsten Dank.

Daß meine Carlsbader Gedichte auch in Ihrer Gegend gut aufgenommen worden, freut mich sehr. Bey andern Gedichten, welche man die selbstständigen zu nennen pflegt, kann man der Zeit überlassen, daß sie erst recht zur Erscheinung kommen, und hoffen, daß das Publicum an und mit ihnen reisen werde; das Gelegenheitsgedicht hingegen gilt, seiner zarteren Natur nach, entweder im Augenblicke des Entstehens, oder gar nicht, und also hat der Autor hier vollkommen recht, sich der augenblicklichen Gunst zu erfreuen. ich verfehle deshalb nicht, die Abschrift eines dritten, oder vielmehr des ersten beyzulegen, welches den beyden, die Ihnen bekannt sind, zur Einleitung diene und mit ihnen zusammen ein ganzes machen sollte.

Von meiner fünfmonatlichen Abwesenheit und von meinem Sommeraufenthalte in Töplitz und Carlsbad habe ich meinen vorigen Briefe schon einiges erwähnt. [96] Wahrscheinlich habe ich auch von der Bewunderung gesprochen, welche die Kaiserinn von Östreich allen denjenigen Personen einflößt, welche das Glück haben, sich ihr zu nähern. Wäre es möglich und schicklich, eine so vorzügliche Individualität mit Buchstaben zu schildern, so würde ich es gewiß für Sie thun; nun muß ich es aber leider bey'm Allgemeinem lassen. Es wird ja doch wohl eine Zeit kommen, wo wir uns wieder treffen, und für die muß auch einiges aufgespart werden.

Über jenen Irrthum, der bey Ihrem Aufenthalt in Osten vorfiel, habe ich die benannte Person noch nicht aufklären können; ich hoffe aber doch, es soll mir noch gelingen.

Für dießmal aber will ich schließen und mich und das Meinige zu freundlichem Andenken bestens empfehlen.

Weimar den 20. September 1812.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Carl Friedrich von Reinhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-79FE-6