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An Heinrich Friedrich von Diez

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben mir abermals einen großen Beweis Ihres Wohlwollens gegeben, indem Sie Ihre wichtigen Geschäfte aus Handen legend, meinen Wünschen auf die freundlichste Weise entgegen kommen.

Diesen Sommer bin ich mit mehrern Personen zusammen getroffen, welche das Glück Ihrer persönlichen Bekanntschaft genießen und alle von gleicher Verehrung und Hochschätzung erfüllt sind. Leider erfuhr ich aber auch durch diese, daß Ihre Thätigkeit nicht nach Verdienst durch Gesundheit begünstigt wird. Freylich müssen wir in einem gewissen Alter schon so zufrieden seyn, wenn unser Wirken noch einigermaßen fortdauert, und uns vergönnt ist leidlicher Tage zu eigner Zufriedenheit und zum Nutzen anderer zu genießen. Möge das große Werk an dem Sie arbeiten unter Ihren Händen vollendet werden.

[205] Wie sehr wünscht ich in Ew. Hochwohlgeb. Nähe zu verweilen, mündliche Belehrung würde mich sehr glücklich machen, denn da ich in einem für mich beinahe ganz neuem Feld nicht blos nach Namen und all gemeinen Begriffen strebe, sondern das Eigenthümlichste zu erfahren wünsche; so kann freylich nur derjenige, der die Gegenstände gründlich durchsieht, rathen und helfen.

Daher bin auf's dankbarlichste verpflichtet, daß Ew. Hochwohlgeb. mir das Eigenthümliche des orientalischen Spaßmachers in einigen Geschichten darlegen wollen. Die Stellung solcher Lustigmacher an Höfen bleibt immer dieselbe, nur das Jahrhundert und die Landschaft machen Abstufungen und Schattirungen und so ist denn dieser sehr merkwürdig, weil er den ungeheuern Mann begleitet der in der Welt so viel Unheil angerichtet hat und den man hier in seinem engsten und vertrautesten Zirkel sieht.

Von Petersburg hab ich in diesen Tagen ein Blatt Handschrift des persischen Gesandten Mirza Eboul Hassan Chan erhalten. Die Übersetzung folgt hiebey. Hätt ich nicht durch das Buch des Kabus und durch manche Stellen der Werke Ew. Hochwohlgeb. einen Begriff von den orientalischen Canzleyverwandten, so würden mir diese Wendungen und sonderbaren Andeutungen wohl schwerlich ihrem wahren Sinne nach klar geworden seyn. Nun scheint mir aber diese Poesie und Prosa gar wohl diplomatisch [206] und einem Gesandten der aus so fernen Landen kommt wohl angemessen. Möchte ich doch gelegentlich Ew. Hochwohlgeb. Gedanken darüber vernehmen, und zugleich erfahren daß Ihr Befinden die Arbeit nicht unterbricht, die Ew. Hochwohlgeb. zu einem so ausgebreiteten frommen Zweck unternehmen.

Weimar d. 23. October 1816.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Heinrich Friedrich von Diez. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7A1F-5