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An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[Jena, 23. Juni 1820.]

Nach einer zerstreuenden Badereise, die mir aber in mehr als einem Sinne zum Vortheil gedieh, überdenke ich nur im allgemeinen, für wie viel ich Ihnen in der letzten Zeit zu danken habe, mache nur einen Anfang des Erwiderns, und sage gern von Ihren Berliner Stunden, daß sie, genommen wie sie sind, immer für höchst verdienstlich zu halten seyen; denn eben daß Einzelnes, mehr oder weniger Bearbeitetes, in's Öffentliche genöthigt wird und auch so, ohne viel Umstände und Bedenken, sich des Erscheinens nicht schämen darf, ist schon ein großer Vortheil, und an Ihrer Stelle, auf Ihrem Wege werden Sie sich noch oft in solchem Falle befinden.

In Belvedere habe ich mit Ihrem Verzeichniß angeklopft; allein mir will scheinen, daß man dort die Mutterpflanzen als ein Capital ansehe, wovon die Kindern hohe Zinsen liefern, wo nicht gar die ersten Auslagen wieder decken sollen. Ich zog mich daher wieder ganz sachte zurück. Das Jahr ist ohnehin abzuwarten; findet sich ein glückliches Gedeihen, so thut sich auch wohl eine Liberalität auf, die ich, [74] insofern es von mir abhängt, gern zum Vortheil eines erprobten Freundes hinleiten möchte.

Seit drey Wochen wieder in Jena wohnhaft habe ich Tag für Tag, Stunde für Stunde zu thun, um nur die frühern Fäden wieder anzuknüpfen und längst angelegte Rocken abzuspinnen. Von Kunst und Alterthum ist ein Drittel-Heft wieder abgedruckt, zur Naturlehre liegt manches parat. Genau besehen geht aber alles so langsam, als wenn man dreyhundert Jahre alt werden wollte. Man wird aber auch so alt und drüber, wenn man nur alle Tage seine Sachen redlich macht, so gut man kann und weiß.

Beyliegenden Catalog hat man mir übergeben mit dem Vertrauen, daß meine Empfehlung etwas bey Ihnen vermöge, ich bringe also denselben wenigstens zur Kenntniß. Das Kabinett selbst habe ich seit vielen Jahren nicht gesehen, es galt aber immer für bedeutend; die Preise sind hinzugeschrieben zu einer Zeit, da die Erbschaft noch frisch war, und man sich gar wohl erinnerte, was diese Dinge dem Erblasser kosteten und was er für Werth darauf legte. Gegenwärtig hat es durch die lange Zeit und durch die Beschwerlichkeit, ein bedeutendes Local diesem Zwecke zu widmen, in der Meinung der Besitzer sehr viel verloren, und man könnte den billigsten Preis erwarten; doch möchten gar manche Betrachtungen, besonders des Land-Transports, Sie abhalten, darauf zu reflectiren, und bitte um Vergebung dieser Anfrage. [75] Es ist doch indessen immer hübsch zu wissen, wo dergleichen Schätze niedergelegt sind. Vielleicht sehe ich sie diesen Sommer und gebe davon nähere Kenntniß.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7A74-1