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An Carl Ludwig von Knebel

Carlsbad d. 23. August 1807.

Durch den rückkehrenden Wagen, der meinen August hierher gebracht hat, will ich dir gleich für das freundliche Andenken ein Gegenwörtchen zusenden. Die Posten gehen gar zu langsam und verderben einem den ganzen Spaß der Mittheilung nach Weimar und Jena.

Von meinem bisherigen Thun und Treiben will ich nur soviel sagen, daß ich ein paar gedruckte Bogen zu Stande gebracht, die ich leider noch nicht überschicken kann: denn sie sind noch nicht rein abgezogen. Ich habe die Müllerische Sammlung von 100 Stück auf meine Weise commentirt und einen Grund gelegt, worauf man noch manche andre Mängel der currenten geognostischen Vorstellungsart, die ich schon früher zu bemerken glaubte, sind mir deutlicher geworden. Es ist freylich mit allen Vorstellungsarten so eine Sache, und der Mensch gewöhnt sich an die Unbequemste; sehen und sich selbst zu überzeugen. Vielleicht mögen andre künftig auf diesem oder auf eigenen Wegen zu gleicher Überzeugung gelangen.

Wenn ich mich übrigens ferner auf allgemeine Reflexionen einfallen sollte, so müßte ich ein viel größeres Blatt vor mir haben; jetzt will ich dir nur sagen,[391] daß August glücklich angekommen ist und daß es ihm großen Spaß macht, diese wunderliche neue Welt zu sehen. Denn Carlsbad hat, wie jeder gleich bemerkt, der nur einigermaßen reflectirt, nicht allein etwas sui generis, sondern wirklich etwas individuelles, das frappirt und, ohne daß man es selbst weiß, gewisse Cultur giebt.

Es ist noch allerley gethan worden, wovon mündlich zu erzählen ist. Laß mich mit diesen eiligen Zeilen an deine Erinnerung und gute Neigung appelliren. Grüße die Deinigen und ermuntere den Tragödienschreiner.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7AE8-0