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An August von Goethe

Weimar den 5. Juli 1830.

Da, durch die glückliche Ankunft deines Kistchens, ein Feyertag im Hause angekündigt ist, so erwidere alsobald einiges Erfreuliche:

Wenn Mutter und Kinder durch die artigen Aufmerksamkeiten ergötzt sind, Alma im rothen Kleidchen herumlauft, und die noch auswärts sich befindenden Knaben, bey ihrer Rückkehr, mit dem ächt mailändischen Andenken erfreut werden sollen, so wird der Münzfreund kaum sein Vergnügen ausdrucken können.

Ohne pleonastisch zu seyn, um mit dem Preise anzufangen, so würde ich verlegen seyn, wenn ein Handelsmann das Doppelte dafür verlangte. Es sind die allermerkwürdigsten Exemplare, von der ältesten Zeit her, bis weit herauf, von der schönsten Erhaltung, und es ist nun, bey unserer lang stagnirenden Sammlung, wirklich eine neue Glücksepoche eingetreten.

Mahomet II. von Bertholdo ward, wenn ich nicht irre, schon zu deiner Zeit angeschafft; hier kommt nun gerade die merkwürdige Schaumünze des abendländischen Kaisers, welcher auf das Concilium von Flo renz kam um die sämmtliche Christenheit gegen jenen furchtbaren Andrängern aufzurufen. Dieß gelang nicht und Constantinopel ging bald darauf über.

[130] Die übrigen veranlassen hundertfache Betrachtungen, schon vorläufig gingen mir deren schon viele durch den Geist; mit Meyern wird sich's wiederholen, aber und abermal vervielfältigen. Es ist eine Freude deine Einsicht in diese Dinge zu sehn wie gut du unterscheidest und dich erinnerst. Auch in der Folge laß Anschauen und Beurtheilung, bey mäßigen Preisen, immerfort gleichfalls walten! Es ist nicht übertrieben wenn ich sage: daß, für mich, in Bezug unsres bisherigen Besitzes, dieses eine schon genügende Frucht deiner Reise sey.

Ferner halte ja deiner Tagebücher in derselbigen Maaße fort. Die letzten Briefe aus Venedig sind gleichfalls angekommen, und ich kann dir versichern daß sie allen, welche diese Blätter lesen, doppelt und dreyfach ergötzlich sind, indem du eben so unermüdet schriftlich aufbewahrst, was du siehst, als du unermüdlich alles zu sehen und gründlich in dich aufzunehmen trachtest. Sodann aber auch daß ein inneres Behagen sich bey dir hervorthut, worauf denn alles ankommt, damit wir den Tag schätzen und genießen lernen.

Die übersendeten Münzen werde besonders verwahren, so wie alles von dir Gesendete. Es belebt in der Folge die Unterhaltung und gibt Lust das Gedächtniß aufzufrischen, so wie in Kenntnissen vorwärts zu gehen.

Dein hübsches verträgliches Leben mit den Mailänder Wirtshausleuten und andern guten Menschen denen [131] du begegnest, so wie mit den österreichischen Offizieren, wird dich überzeugen daß jeder durch's überzeugen daß jeder durch's Leben gebildete Mensch, in friedlichen Zuständen, auf eine gewisse mäßige Weise seine Existenz fortsetzen und der Tage genießen will. Die Vetturine selbst geben das beste Beyspiel. Wer sich in die Welt fügt wird finden daß sie sich gern in ihn finden mag. Wer dieses nicht empfindet oder lernt, wird nie zu irgend einer Zufriedenheit gelangen. Nach deiner Art und Weise, wie du bisher verfuhrst, ist kein Zweifel daß du leiblich und geistig in einen erfreulichen Zustand gelangen wirst. Fahre in allem und jeden so fort und es wird ein freudiges Wiedersehen und Zusammenleben erfolgen.

Schon in meinem letzten Briefe gab ich dir meinen vollen Segen zur Weiterreise. Habe deine Zwecke im Ganzen vor Augen und lasse dich im Einzelnen durch die Umstände bestimmen. Ich freue mich schon auf alle Fortschritte im Guten und Heilsamen.

Die Kupfer habe ich auch schon entrollt und untergebracht. Es ist gar anmuthig auch hier zu sehen wie Zeichner und Kupferstecher dem Reisenden erleichtern, durch wenige Blätter die Erinnerung anzufrischen. Die große Reiterstandarte ist im Saale aufgeheftet und setzte die ersten Betrachtenden schon in Erstaunen und Bewunderung.

Und so fortan

G. [132]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7AF5-1