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An Christiane von Goethe

Dein lieber frühzeitiger Brief hat mich sehr gefreut, es war der erste den ich hier erhielt. Nun wird auch was ich durch den Kutscher sendete wohl angekommen seyn. Dem Eger Wasser wünsche gute Wirckung.

Der Frühling ist auch hier auserordentlich schön, alles blüht und grünt neu auf zwischen den alten Felsen und Fichtenwäldern. Ich kann diesmal der Gegend besser genießen, ich befinde mich sehr wohl und besteige die Berge wie vor alters.

Noch ist es einsam hier. Außer den bekannten Carlsbader Einwohnern habe ich fast mit niemand gesprochen; dagegen bin ich viele Stunden des tags unter freyem Himmel theils mit Riemer theils allein und lasse mir wohl seyn.

Da hab ich den Zeit allerley zu überdenken, und da fehlt es nicht, daß ich mich deiner und aller Liebe und Treue erinnere die du an mir thust und mir das Leben so bequem machst daß ich nach meiner Weise leben kann; dafür ich den auch im Stillen immerfort für dich und den guten August sorge, der uns noch viel Freude machen wird. Was du von Heidelberg gehört hast, mag für den Anfang recht gut seyn; wenn er nur nicht des Guten zu viel thut und zunächst müde wird. Doch das wird sich alles geben und eins aus dem andern entwickeln.

[69] Unsre kleine Wirtschaft geht artig und ordentlich. Freylich muß man im Gleise bleiben, sich von willkührlichen Ausgaben enthalten und besonders der Kauf- und Schenckluft widerstehen. Auf alle Fälle komme ich leidlicher weg als vor einem Jahre.

Mit den Theaterfreunden mache du's nur immer auf alte Weise, Anfangs nicht zu viel gethan damit man nicht zurück zu gehen braucht. Hast du denn Herrn Meusel und andern denen wir eine Artigkeit schuldig sind etwas erzeigt? Versäume es nicht.

Noch hab ich keine weitern Briefe. Lebe recht wohl. Das Wetter ist sehr schön und mir geht es auch sehr gut. Wenn sich meine Gedancken manchmal an die Gränze von Polen verlieren; so kehren sie bald wieder über Weimar nach Heidelberg zurück und so besuch ich meine lieben Kinder eins nach dem andern. Lebe recht wohl. Liebe mich und laß uns immer zusammen verharren.

Carls Bad d. 29. May 1808.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7B44-5