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An die Gesellschaftdes vaterländischen Museums in Böhmen

Des Herrn Präsidenten Grafen Kaspar v. Sternberg Excellenz haben vor einem Jahre die hier in Marienbad geognostisch beschäftigten Liebhaber und Sammler auf die höchst bedeutende Einwirkung aufmerksam gemacht, welche die Marienquelle über das festeste Gestein, so gelind als mächtig, ununterbrochen ausübt. Diesem Wink hat man im laufenden Jahre Folge zu leisten gesucht und bey günstiger Gelegenheit viele dergleichen angegriffene Steine zusammengebracht. Dadurch sieht man sich nun vorbereitet eine Sammlung aufzustellen, in welcher die verschiedensten originären Gebirgsarten ihrer Natur und Art gemäß auf die mannichfaltigste Weise verändert und zerstört erscheinen.

[169] Eine solche Sammlung hält man doppelt für Pflicht dem Prager hochansehnlichen Museum anzubieten; sie liegt oben in dem nächst abzusendenden Kästchen, man bittet sie behutsam auszupacken, da die meisten Stücke sich leicht zerbröckeln.

Unmittelbar unter dieser Sammlung liegt eine andere gleichfalls bedeutende. Es ist die Folge vom Wolfsberg bey Czerlochin, in welcher man erst das originäre Gebirg in seiner natürlichen unveränderten Gestalt, ferner dasselbe durch Feuer verwandelt, vom kenntlichen bis zum unkenntlichen Zustand geordnet hat.

Wie sich sodann diese Erfahrungen an das gegenwärtige Bedürfniß der Wissenschaft in diesem so streitvollen Capitel anschließen, wird ein umständlicher Aufsatz in der Folge, darzuthun suchen. Wie ich denn auch von Eger aus noch einiges hierin Einschlagende, nicht Unbedeutende zu übersenden hoffe.

Möge ich auf diese Weise meine ehrfurchtsvolle Dankbarkeit gegen das würdige National-Museum und dessen hohe Beförderer an den Tag legen, für das ausgezeichnete Wohlwollen, womit sie mich in ihrem wirksamen Kreise aufzunehmen geruhten. Mich fernerhin zu günstigem Andenken angelegentlichst empfehlend.

gehorsamst
Marienbad den 16. August 1823.
J. W. v. Goethe.
[170]
Durch das Gas des Marien-Brunnens;
angegriffenes Grund-Gebirg.

1) Grobkörniger Granit mit schwarzem Glimmer.

2) Feinkörniger Granit.

3) Feinkörniger Granit mit schiefriger Textur.

Ein Stück von mittlerm Korn.

4) Quarzgang, worin die Zellen des Feldspats noch zu sehen.

Granit, wo der Quarz überwiegend war.

Drey kleinere dergleichen.

5) Gneis von mittlerm Korn.

6) Desgleichen etwas gröber.

7) Desgleichen noch gröber.

8) Beynahe dasselbe, nur seiner.

9) Desgleichen ganz leicht.

Desgleichen von dem allerfeinsten.

10) Hornblende mit Almandinen.

11) Gesundes Gestein, nur von außen angegriffen.

12) Desgleichen mehr und schon zellig.

13) Desgleichen beynahe ganz aufgezehrt.

14) Ganz zellig, die Almandinen nur wenig bemerkbar.

15) Ein kleines Stück mit noch aufsitzenden Almandinen.

16) Völlig bimsteinartig, ohne Spur des Gesteins.

17) Durch's Feuer weißgebranntes.

18) Ein dem Glimmerschiefer verwandtes Gestein[171] mit großen Almandinen, die im gesunden Zustande als schwarze Puncte sichtbar sind.

19) Ausgefressener Gneis von der rechten Seite der Straße nach Tepl.

20) Porphyrartiges Gestein als Gangart im Granit vorkommend, wo bloß die seinen Gänge vom Quarz stehen geblieben.


Gebirgs-Arten

des Wolfsbergs.


1) Thonschieser, ursprünglicher.

2) Derselbe, durch's Feuer gegangen, heller und dunkler geröthet.

3) Derselbe, ganz geröthet.

4) Dergleichen.

5) Quarzgestein, aus keilförmigen Stücken bestehend.

6) Diese Keilchen allein, auf den Klüften sehr geröthet.

(Diese Steinart schien sehr problematisch, bis man sie in ihrem natürlichen Zustand gefunden, nämlich:)

7) Stenglicher Quarz, oder vielmehr Amethyst-Gang aus einem ursprünglichen Quarzgange.

8) Dergleichen Crystalle einzeln.

9) Ursprünglicher Basalt.

10) Ursprünglicher Augitfels.

11) Dergleichen.

12) Dergleichen durch's Feuer verändert.

13) Dergleichen mit anliegendem Thonschieser.

[172] 14) Bis zur blasigen Schlacke verändertes Augitgestein mit vorstehendem deutlichen Crystall.

15) Dergleichen.

16) Verschlacktes und zusammengebacknes Stück.

17) Von außen verschlackter, inwendig noch zu erkennender Thonschiefer.

18) Dergleichen.

19) Feinlöchrige Schlacke.

20) Schlacke mit größern Löchern.

21) Augitcrystalle, schwarz.

22) Ähnliche, aber roth und seltener zu finden.

23) Schiefriger Quarzgang, durch's Feuer verändert.

24) Derselbe im natürlichen Zustande.

(NB: Beide letztern waren zwischen 4 und 5 zu legen.)

Ferner ist zu bemerken, daß, um die Sammlung an die vorjährige anzuschließen, die Erscheinungen des Grundgebirges zwischen hier und Tein einzuschalten sind.

Marienbad den 16. August 1823.

J. W. v. Goethe

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An die Gesellschaftdes vaterländischen Museums in Böhmen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7B7A-D