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An Johann Friedrich Krafft
Sie haben wohlgethan, mir den ganzen Zustand Ihrer Seele zu entdecken; ich lege gewiß alles zurechte, so wenig ich im Stande bin Sie ganz zu beruhigen. Mein Etat, über den ich halten muß, wenn ich am Ende des Jahrs nicht selbst Andern Verbindlichkeiten haben will, die sich für meinen Platz am wenigsten schicken, erlaubt mir nicht das mindste über die 200 Thaler für Sie zu thun. Diese sollen Sie richtig erhalten, damit suchen Sie auszukommen und sich nach und nach das nöthige zu schaffen.
Ausdrücklich halt ich mir vor, daß Sie ohne mein Wissen und Einwilligung nicht Ihr Quartier noch den Ort Ihres Aufenthalts verändern. Jeder Mensch hat seine Pflicht, machen Sie sich das zur Pflicht Ihrer Liebe zu mir und es wird Ihnen leicht werden.
Wenn Sie von irgend Jemand borgten, würde mir es sehr unangenehm sein; eben diese unseelige Unruhe, die Sie jetzt martert, hat das Unglück Ihres ganzen Lebens gemacht, und Sie sind mit tausendthalern [43] nie zufriedner gewesen als jetzt mit den 200, weil Ihnen immer noch was zu wünschen übrig blieb, und Sie sich nie gewöhnt haben, Ihre Seele in den Gränzen der Nothwendigkeit zu halten. Ich mache Ihnen darüber keine Vorwürfe, ich weis leider zu gut wie es in Ihnen zusammenhängt, und fühle, wie das Unverhältniß Ihres jetzigen und vorigen Zustandes Sie plagen muß. Genug aber, Ein Wort für Tausend: Am Ende jedes Vierteljahrs erhalten Sie Ihre fünfzig Thaler, fürs gegenwärtige soll Ihnen Seidel etwas vorausgeben. Schränken Sie sich alsdann ein: das Muß ist hart, aber beim muß kann der Mensch allein zeigen, wie's inwendig mit ihm steht. Willkührlich leben kann jeder.
Melden Sie mir die erste Verfügung der Regierung an den Amtmann in Steuersachen.
d. 31. Jan. 81.
G.