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An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 15. May 1818?]

1) Vor allen Dingen vermelde daß die Münchner Freunde höchst geehrt und vergnügt sich über die Medaille ausgesprochen haben, sie scheinen ihre erste Sendung dagegen gar nicht in Anschlag zu bringen, sondern bekennen sich vielmehr als Schuldner.

[172] 2) Sodann ist denn auch, zu großem und würdigem Entzücken des Bergraths, der nordische Transport, in zwey Kisten, frank bis in Schloßhof, angekommen, und ist das Geschenk eines Kronprinzen wohl würdig. Etwa Exemplare alle von der größten Schönheit und Bedeutung. Island, die Weltküste von Grönland, Lappland, Färöerinseln, Schweden und herab bis zur Insel Bornholm, alles wovon man theils gehört, theils kleine Stücke besessen. Sie werden, nach Ländern, sodann in sich systematisch geordnet, erfreulich und belehrend seyn.

3) Die Wiener Sendung ist höchst bedeutend. Der Strauß auffallend und erstaunenswürdig, Reiher und Kormoran sehr löblich, sowie auch die kleinen Schafschädel mit unendlich gedrehten Hörnern.

4) Ein ganz eigenes Geschenk hat Herzog von Egerton, reicher Engländer, der lange in Paris wohnt, der Jenaischen Bibliothek verehrt. Er läßt seit 1796 seine gelehrten Werke, und auch solche worin er Familiennachrichten mittheilt, kostbar in Paris drucken, sie kommen nicht in Buchhandel, sondern er verschenkt sie nur. Eine vollständige Sammlung hat er der Jenaischen Bibliothek gewidmet, eine andere woran nur ein griechisches Werk fehlt, soll der Vorsteher dieser Anstalt sich zueignen, und ein drittes liegt bey zu dessen weiterer Disposition. Dieses ist sogleich nach Weimar abgegangen. Wir wollen diese Schenkung als ein gutes Omen für das Geschäft betrachten.

[173] 5) Auch geht es rasch genug vorwärts. Während der Pfingstfeiertage kommt das bisher völlig fehlendeAusleihebuch, sowie das Vermehrungsbuch zu Stande, der Rath Vulpius ist hier und hält sich brav. Es hat sich noch ein junger thätiger Mitarbeiter gefunden.

Vor Ende May sind die Handwerksleute aus dem Hause, Anfangs Juny beginnt die Translocation, in den Sommermonaten kann viel gethan werden, für die Winterarbeit bestimmt man die Catalogen.

6) Berappung des Hauses, Versenkung des Hofes, äußere vollkommene Reinlichkeit ist vor Anfangs August versprochen und eh' das Jahr umgelaufen kann die Sache so gestellt seyn, daß sie durch bösen Willen und Trägheit nicht leicht wieder rückgängig zu machen ist.

7) Da die Anwesenheit der lieben fürstlichen Kinder zu allerley Unterhaltungen auffordert, so habe einen Versuch gemacht denen sogenannten Teufelslöchern eine gewisse Zu- und Ausgänglichkeit, letztere nach der Höhe zu verschaffen, wo man einer sehr angenehmen Aussicht genießt. Statt der vielen wundersamen Geschöpfe, die das Mährchen dämonisch dort walten läßt, hatten wir freylich nur ausgestopfte Thierchen und Vögel, sie thaten aber doch auf die kleinen Gemüther gute Wirkung, besonders da zuletzt, anstatt des großen unterirdischen, magischen Teiches, sich wenigstens in einer Gelte kleine lebendige Fische merken ließen. Die Witterung begünstigte den Scherz, und wenn man von Zeit [174] zu Zeit dieser extemporirten Anlage nachhilft, so kann eine Erfreulichkeit mehr in der ohnehin so sehr begünstigten Gegend gar wohl entstehen.

8) Unsere jungen Herrschaften kamen bey bedenklicher Witterung gestern allhier an, warteten ein allgemein ausgebreitetes Gewitter ab, und fuhren um 5 Uhr bey heiterem Wetter nach Dornburg. Der dem munteren Kleinen bisher ertheilte Unterricht ward im Einzelnen beachtet und schien Beyfall zu gewinnen. Wobey es eine große Freude ist die theuern Zöglinge gesund und munter zu sehen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7B83-8