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An Johann Friedrich Rochlitz
Erlauben Sie, theuerster Mann, die treuste lakonische Erwiderung.
Zur ersten Seite Ihres Briefs: jede Mittheilung soll mir angenehm seyn, Erwiderung sey Tagen und Stunden überlassen.
Zur zweyten Seite, dem Postscript:
ad 1. Mit der größten Theilnahme haben wir Ihre unerfreuliche Rückreise vernommen und uns unterdessen aus unsern Unbilden auch zu uns holen gesucht. Dem nach so viel Seiten hin thätigen, Herrn v. Müller, ist eine kleine Stockung des Briefwechsels wohl nachzusehen.
ad 2. Ich las jenes absichtliche Schreiben an Herrn v. Müller vorerst und rieth ihm, dasselbe niemand sehen zu lassen, gewisse unangenehme Eindrücke befürchtend. Ich weiß nicht, ob er mein Gutachten befolgte.
ad 3. Möge das allgemeine Übel, wie man es auch nennen mag, das uns alle bedrängt, so leise als möglich auf Sie wirken.
ad 4. Des »Malitiösen« bedienen Sie sich nur nicht gegen mich; es hat mich, jung, mit den aller schönsten Mädchen aus einander gebracht.
[262] Was ich aber bey den Hindernissen Ihres Hierseyns, bey der für beide Seiten unbefriedigten Abreise vorzüglich schmerzlich empfand, war daß Sie unmittelbar an dem vorzüglichen Pianoforte gesessen hatten, welches wir Ihnen schuldig sind, ohne daß meine Enkel Ihnen auch nur wenige Minuten darauf vorgespielt hätten, um recht sinnlich auszudrücken: daß dieses Organ zu unserm häuslichen Daseyn vollkommen unentbehrlich ist.
Soviel für heute, einen freundlichen Gegengruß wir versprechend.
unwandelbar
J. W. v. Goethe.