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An Carl Friedrich Zelter

[10. Juni 1831.]

Um nunmehr mit dem unternommenen Wappen abzuschließen, sende das Modell unsrer Künstlerin zurück und lege noch ein anderes bey, welches auch die Sache noch nicht ganz entscheidet.

Nun wünsche ich, daß unsre liebe Künstlerin sich besonders an den Helm halte, wie er im weimarischen Modell gestaltet ist; die Helmdecke liegt drüber her, dabey bleibt's; auf derselben aber findet sich ein Wulst, von welchem die Flügel ausgehen und worauf der Knopf der Lyra eigentlich ruht. Flügel und Lyra sind einigermaßen in Perspectiv gesetzt, um die schiefe Stellung des Helms einigermaßen zu accompagniren.

Was nun aber das Verhältniß des Helmes zum Schilde betrifft, so halte ich für besser, daß man ihn mehr in die Mitte rücke, so daß der Kragen zwischen den Hals und die Flügel des Pferdes hereintrete; dadurch kommt denn freylich der obere Stern und das untere Ordenskreuz völlig in eine Perpendicularlinie,[226] welche sich auch nicht übel ausnehmen wird. Was die Helmdecke selbst betrifft, so gefällt mir die Anlage auf dem Berliner Modell sehr wohl, nur müßte sie in nicht gar zu kleinen Spitzen und Schnörkeln endigen und etwas annehmen von den einfacheren Einschnitten des weimarischen Modells. Doch wird dieses dem Geschmack und Gefühl unsrer lieben Künstler anheim gegeben.

Das weimarische Pferd scheint etwas tüchtiger, doch find ich die drey Tragsteine des Berliner Thurms kunstgemäßer; wie denn auch zu wünschen wäre, daß der Thurmkranz und die Zinnen etwas mehr die Rundung des Thurms andeuteten.

Was den Wahlspruch betrifft, so würde ich die Worte desselben nunmehr so stellen:

Getreu der Natur und Kunst,

als dem laconischen Ausdruck des Sinnes gemäßer.

Weiter wüßt ich nichts zu sagen und wünsche das Beste zu glücklicher Vollendung.

Meinem gestern abgegangenen Briefe habe ich nun meinen Dank für deinen so gehaltreichen vom 29. May bis 5. Juni nachzusenden; fahre fort, mich durch deine Relationen zu erfreuen.

Das französische Theater wird in seinen Komischen, heiteren, socialen Productionen immer unerreicht bleiben, sowohl was die Anlage, als die Ausführung betrifft. Es ist hier eine überhundertjährige Kunst und Technik, ein Metier, das seine Ahnen hat, indessen [227] man sich bey uns vergebens abmüdet. Unsere Schauspieler wissen nichts mehr von Kunst, vom Handwerk haben sie gar keinen Begriff; alles beruht noch auf dieser und jener Individualität. Lassen wir das gut seyn, ich habe dieser Region längst den Rücken gewendet. Doch muß ich von meinen häußlichen Umgebungen uns sonstigen Lebefreunden immer das Für und Wider der Unvollkommenheiten, das Fordern und Schwanken des Wollens und Vollbringens vernehmen.

Mehr nicht für heute, fahre nur fort zu melden und anzuregen.

und so fort an!

Weimar den 9. Juni 1831.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7BE7-A