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An François Théodore de Lagarde
Verzeihen Sie, werthester Herr, daß ich nicht wenigstens die Ankunft der mir überschickten Zeichnungen gemeldet, wenn ich auch meine Meynung darüber zu verschieben gedachte; ich muß aber leider in diesem Vierteljahre dieselbige Abbitte an mehrere Correspondenten ergehen lassen, und bin um so weniger beschämt mich auch als Ihren Schuldner zu finden. Freylich hätte ich nicht gerade da zaudern sollen, da ich in Leipzig das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft genossen und mich eines nähern Verhältnisses zu Ihnen erfreut hatte. Gegenwärtig wünsche ich daß Sie mir die Zeichnungen, welche so lange bey mir verweilt, noch bis zur Mitte Septembers erlauben möchten. Ich wünschte gar zu sehr diese französische Art neben dem zu sehen, was uns unsere Landsleute als Preiszeichnungen übersenden werden.
Überhaupt bin sowohl ich als meine Kunstfreunde, der Meinung daß Sie die Wegführung der Briseis ohne Bedenken zu Ihrem neuen Homer können stechen lassen, weshalb noch das nähere bemerkt werden soll. Was die Schrift betrifft finde ich mich weniger im Stand ein Urtheil zu äußern; doch würde ich mich für die stärkere Schrift entscheiden.
Leben Sie recht wohl und wenn Sie der Zeichnungen [94] und der Schrift früher bedürfen sollten; so haben Sie die Güte mir nur einen Wink zu geben.
Jena am 31. Juli 1800.
Goethe.