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An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

beachten gnädigst beykommendes Fascicul mit dem es folgende Bewandniß hat:

Schon im Laufe des gegenwärtigen Jahres vernahm ich von Berlin daß man die Absicht habe von dorther die deutsche Nation anzuregen, daß sie gemeinsam für Geschichte und Literatur zweckmäßige Bemühungen unternehmen möge. Staatsrath von Niebuhr empfahl bey seiner Durchreise dieselbe Angelegenheit.

Nun aber bringt Canzler von Müller einen weitläufigen Aufsatz, den Plan umständlicher vorlegend, aber auch eben dadurch die Schwierigkeit ja Unmöglichkeit desselben an den Tag bringend. Er erhielt ihn aus den Händen des Herrn Staatsministers von Stein.

Da ich in diesen Regionen mich nur als Gast und Wanderer aufgehalten; so ersucht ich die Gebrüder Grimm, in Cassel, als Männer vom Handwerk, mir hierüber ein freyes Gutachten zu erstatten, welches sie, sehr genügend wie mir scheint erfüllt, und ich stand im Begriff diese Papiere dem Minister von Stein, als ein Zeichen der Aufmerksamkeit zu weitern Gebrauch zu übersenden. Ehe aber dieses geschieht wünsche vorher Ew. Königl. Hoheit gnädigste [182] Beystimmung, inwiefern ich hier blos als Privatmann handeln soll, oder vielleicht einige Hoffnung zu Höchstdero Theilnahme erregen dürfe.

Es kann und wird immer etwas Gutes daraus entstehen, sobald sich irgendwo ein thätiger Mittelpunct festsetzt, andere zur Nachfolge reizt und mehrere solche Lebenspuncte sich in Rapport setzen. Und so würde sich nach und nach eine Gesellschaft organisiren, welche jetzt aus vielen, aber zerstreuten Mitgliedern bestehend, nur eine unsichtbare Kirche macht.

Bey Rückkehr des Herrn Staats-Ministers von Voigt, der diesen Gegenstand nach allen Seiten übersieht, würde sich das Weitere ergeben.

unterthänigst

Weimar d. 2. October 1816.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7BF0-3