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An Schmaling

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben hat mich an Zeiten erinnert, die vergnüglicher und hoffnungsreicher waren, als die gegenwärtigen. Nach eingezogener Erkundigung ermangle ich nicht, auf Ihre Anfrage zu antworten, wenn ich auch gleich das ganz erwünschte nicht melden kann.

[447] Ein junger Mann, der sich der Jägerey widmen will, thut, nach der Überzeugung der einsichtsvollen Männer in diesem Fache, am besten, wenn er erst auf einem Revier bey einem Förster das Metier lebendig und praktisch kennen lernt; wobey er denn fertig rechnen und schreiben und die Anfangsgründe der Mathematik mitzubringen hätte. Der Aufwand für ein Jahr in diesem Verhältniß würde etwa 200 Thaler seyn.

Nach dieser Vorübung wäre es freylich vortheilhaft, eine Fortschule, etwa die Zillbachische, zu besuchen, welche vor andern den Vorzug hat, daß praktische Anleitung zugleich mit verbunden ist; woselbst der Aufenthalt unter 300 Thaler nicht bestritten werden kann. Ein zweyjähriger Aufenthalt daselbst würde, bey anhaltendem Fleiß und einem zu diesem Geschäft angebornen Naturell, alsdann schon einen ganz tauglichen jungen Mann ausbilden.

Allein hier tritt die leider allgemeine Schwierigkeit einer günstigen und anständigen Versorgung ein. Bey uns hat ein Ausländer wenig oder keine Aussicht, indem die Jägerey mit dem Militär in genauer Verknüpfung steht und die Dienste bey der ersten meistens nur bezüglich und die Dienste bey dem letzten übertragen werden.

Sollten Ew. Wohlgeboren unter diesen Verhältnissen und Umständen Ihren Herrn Sohn in hiesige Gegend senden wollen; so finden sich gegenwärtig [448] ein paar wackre Männer, einer im Ilmenauischen der andre im Eisenachischen, wo er für das erste Jahr gut versorgt wäre. Er würde in dieser Zeit mit dem Personale unserer Jägerey bekannt und nachher in der Zillbach, wenigstens nicht auf fremden Grund und Boden, sich wieder orientiren müssen. Mein freundschaftliches Verhältniß zu den Chefs dieser Departements würde ihm, wenn auch keine ökonomischen Vortheile, doch wenigstens einige andre Agrements verschaffen können.

Der ich mich Ew. Wohlgeboren bestens empfehle und, für geneigtes Andenken und Zutrauen dankbar, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 2. November 1807.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Schmaling. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7C11-2