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An Johann Kaspar Lavater

Weimar den 16. Aprill 1781.

Ohnerachtet ich, lieber Bruder, durch deinen Brief auf etwas sonderbares vorbereitet war, so gestehe ich dir, dass ich doch bei Eröfnung des Kastens zwar nicht geflucht habe, aber doch verstummt bin. Du hast im Ganzen gar wohl voraus gesehen, wie es mir mit diesen Sachen ergehen wird. Durch die abscheulige Verderbniss der meisten Stüken sieht man freilich die Grosheit der Form noch durch, nur hat auch diese weniger auf mich gewirkt, weil ich die Bilder alle schon kannte, denn es hängen Copien davon in der ganzen Welt herum. Wahrscheinlich stehen die Originale als Dekoration irgendwo in Italien und sind [112] nachher durch Künstler- und Handwerkstradition überall herumgekommen. Wenn sie alle gut wären, wär es wirklich ein Schaz um iunge Leute zu inspiriren und die Grosheit der Form und Manier ihnen vor Augen zu stellen, dazu werd ich auch, die noch brauchbaren bestimmen, dass ich sie in unserer Zeichenschule aufhänge. Du wirst mir gelegentlich sagen, was sie kosten sollen, der Herzog will sie gerne behalten ob er gleich höchlich von denen abscheulich verklebten und verschmierten Werken choquirt war. Das Kraut und Rübenstük ist wohl Copie nach Rubens, von seiner Hand ist kein Pinselstrich drinne, dargegen ist das Portrait des iungen Menschen desto schöner. Zwar gewis kein Vandyk, wenn ich nicht irre so ist es ein Deutscher, dessen Namen ich vergessen, von dem ich aber sonst Bilder gesehen habe. Lebe wohl und antworte bald wegen der Uhr, worüber du nunmehr meinen und Knebels Brief haben wirst.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1781. An Johann Kaspar Lavater. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7C93-B