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An Charlotte von Stein
d. 5. Sept. Abends.
Ich war in Tiefurt unter den besten Menschen und wollte mir kein Stern scheinen, ich verlangte herein um mit dir zu bleiben.
Dieser Bote soll dir Fritzens Briefe bringen, kaum erwart ich es biß du siehst wie gut es ihm geht und wie er schon zu Hause ist. Ich habe eine recht elterliche Liebe zu ihm, denn ich habe die Blätter wohl sechsmal [86] gelesen, und freue mich daran nicht weil sie schön und gut geschrieben sind, sondern am blosen Daseyn. Du wirst sehn was ihm die Reise gut thut.
Gestern Abend habe ich ein recht Psychologisches Kunststück gemacht. Die Herder war immer noch auf das hypochondrischte gespannt über alles was ihr in Carlsbad unangenemes begegnet war. Besonders von ihrer Hausgenossin. Ich lies mir alles erzählen und beichten, fremde Unarten und eigne Fehler, mit den kleinsten Umständen und Folgen und zuletzt absolvirte ich sie und machte ihr scherzhafft unter dieser Formel begreifflich, daß diese Dinge nun abgethan und in die Tiefe des Meeres geworfen seyen. Sie ward selbst lustig drüber und ist würcklich kurirt. Umständlicher erzähl ich dirs und es wird dich noch mehr ergötzen.
Wie freut es mich daß Fritz einen Fluss mit Schiffen, und Bäume gesehen hat die sich für der Last der Früchte zur Erde biegen.
Wie lebst du? bist du wohl? Mein Gemüth ist bey dir und wünscht sehnlich deine Wiederkehr. Ich bin recht allein.
Sehr schöne Indianische Geschichten haben sich aufgethan.
Ich gehe nicht nach Ilmenau. Vogt mag allein reisen.
Prinz August ist lieb und gut, wir haben aber diesmal einander noch nichts abgewinnen können.
[87] Der Herzog ist in seiner Meute glücklich. Ich gönn es ihm. Er schafft die Hofleute ab und die Hunde an, es ist immer dasselbe, viel Lärms um einen Hasen todt zu iagen. Adieu. Und ich brauche beynah soviel Umstände um einen Hasen zu erhalten. Nochmals lebwohl, und liebe.
G.