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An Johann Friedrich Cotta

Das Werk, welches wir heraus zu geben gedenken, enthält Betrachtungen harmonirender Freunde überNatur und Kunst.

Was aus Naturgeschichte und Naturlehre ausgehoben wird soll, dem Gegenstand und der Behandlung nach, vorzüglich von der Art seyn daß es für den bildenden Künstler brauchbar und zu seinen Zwecken, wenigstens in der Folge, anwendbar werde, unterKunst wird für die erste Zeit vorzüglich die bildende verstanden, über deren Theorie, Ausübung und Geschichte manches vorräthig liegt; doch wird man die Kunst im allgemeinen jederzeit im Auge haben, daß, wenn nach unserm Wunsche, sich auch Freunde der Dichtkunst und Musik anschließen, sie, was die Grundlagen betrifft, genugsame Vorarbeit finden sollen.

Man kann sich nicht verbinden, ein sogenanntes Lesebuch zu liefern, aber ein lesbares, cultivirten Personen willkommenes Werk, das vorbereiten, wirken[162] und nützen soll, gedenkt man zu stellen. Indessen soll an der Form des Vortrags nicht versäumt werden, so wenig es an Artikeln vom allgemeinsten Interesse fehlen soll.

Eine Beylage zeigt was man allenfalls zu erwarten hat.

Wegen der Ausgabe selbst thue ich folgende Vorschläge:

Ohne daß es eine Zeitschrift würde, näherte man das Werk einer so beliebten und der Zerstreuung des Publikums so gemäßen Art.

Man gäbe einzelne Stücke heraus, jedes zu 11 Bogen, so daß zwey einen Band ausmachten.

Es würde geheftet ausgegeben, man würde für einen in Kupfer gestochnen, anständigen Umschlag, ohne großen Aufwand, sorgen.

Das Format wäre groß Octav, mit einer mäßigen Zeilenanzahl.

Dem ersten Stück würde eine allgemeine Einleitung vorgesetzt.

Jedes Stück erhielte eine besondere Einleitung, worin ich Schemata aufzustellen hoffe, nach welchen der denkende Leser die fragmentarisch eingeführten Aufsätze ordnen und näher beurtheilen kann.

Längere Abhandlungen würden Theilweise gedruckt, aber gleich im nächsten Stücke fortgesetzt.

[163] Überhaupt in jedes Stück etwas allgemein reizendes und Nachfrage erregendes eingemischt.

Manuscript zum ersten Stücke könnte bald nach Johannis abgeliefert werden und so dasselbe Michael herauskommen.

Man könnte vierteljährig fortfahren.

Doch wird, sobald die Sache im Gange ist, die Convenienz des Herrn Verlegers entscheiden ob er mehr Stücke des Jahrs ausgeben will.

Vielleicht gäbe man künftige Ostern zwey, und brächte also zwey Bände zur Messe. Für acht Stücke ist gegenwärtig Vorrath, der nur mehr oder weniger durchgearbeitet und redigirt werden muß. Könnte Herr Hofrath Schiller zum dritten oder vierten Stücke etwas auf Poesie bezügliches ausarbeiten, so würde dadurch das Unternehmen sehr gewinnen, auch die Dauer, so wie die weite Ausdehnung desselben außer Zweifel gesetzt werden.

Jena am 27. May 1798.

Goethe.

Arbeiten
die theils fertig, theils, mehr oder weniger, in kurzer Zeit zu redigiren und auszuarbeiten sind.

1. Einleitung in das ganze Werk.

2. Schema über das Studium der organischen Natur.

[164] 3. Schema über das Studium der bildenden Kunst.

4. Schema über die Forderungen, welche der Mahler an denjenigen machen würde der sich anmaßte, ihm eine Farbenlehre vorzulegen.

5. Gutachten an einen jungen Mahler, daß er sich in die Schule eines Bildhauers begeben möge.

(In dieser Form wird unversänglich gerügt was den Mahlerschulen zu fehlen pflegt.)

6. Über Dilettantism, seinen Nutzen und Schaden. Rath an Dilettanten und Künstler.
7. Über die Gegenstände der bildenden Kunst.

(Eine wichtige und fundamentale Abhandlung.)

8. Über Heinrich Füesli's Arbeiten, bezüglich auf sein Gemählde in Zürich und die allgemein bekannten Kupferstiche nach ihm.

(Hier werden die im vorigen Artikel aufgestellten Grundsätze auf die Arbeit eines einzigen Künstlers angewandt.)

9. Über Laokoon.
10. Über Niobe und ihre Kinder.
11. Über etrurische Monumente.
Erster Brief, über plastische Überbleibsel.
Zweyter Brief, über architektonische, mit der Beschreibung von Fiesole und der umliegenden Gegend.
12. Über Rafael, seine Logen, Stanzen und andere Gemählde.
13. Mantua und der Pallast dell T.
[165] 14. Über Restauration
a) der Statuen,
b) der Gemählde.

15. Betrachtungen, wie hoch weben, sticken, Mosaik pp. zu treiben sey. Die Grenzen dieser Operationen, und was sich durch sie erlangen lasse.

16. Briefe eines Reisenden und seines Zöglings, unter romantischen Rahmen, sich an Wilhelm Meister anschließend.

17. Bemerkungen und Betrachtungen über sittliche, politische und militarische Gegenstände, während eines Aufenthaltes in Italien 1795, 96 und 97.

18. Etwas über die Schweiz, besonders Schilderung von Stäfa.


Ich sage nichts von dem vollständigen Vorrath zur Geschichte der Florentinischen Schule, weil ich zweifelhaft bin ob man diesen nicht bey einer neuen Ausgabe des Cellini nutzen sollte.

Etwas ferner liegt eine Ausarbeitung, enthaltend:

a) Das ehemalige Italien als Kunstkörper betrachtet.

b) Die jetzige Zerstücklung desselben.

c) Neue Aufstellung in Paris.

d) Besitzungen der übrigen europäischen Länder.

e) Was ein Künstler künftig zu thun habe um sich auszubilden und die gegenwärtigen, großen [166] Dislocationen, für sich wenigstens, unschädlich, wo nicht gar nutzbar zu machen.

(Dieses letztere könnte eben so gut in unser gegenwärtiges Werk mit eingeschlossen werden, als es eine unterhaltende und brauchbare kleine Schrift gäbe.)


So viel sey nur gesagt um zu zeigen, daß ein Unternehmen, das ohnedem aufhören kann wenn man will, auf einige Jahre gesichert ist. Des Stoffs ist genug und die Behandlung wird man uns zutrauen.

Ausdrücklich erbitte ich mir daß von allen diesen Äußerungen, die sowohl das Hauptblatt als die Beylage enthält, nichts ins Publikum gelange.

Das Werk wird nicht eher angekündigt als bis es erscheint.

Jena am 28. May 1798.

G.


Die allgemeine erste Ankündigung wie auch die jedesmalige besondere, welche etwa in die Weltkunde einzurücken wäre, behalte mir vor.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7CB6-0