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An Marianne von Eybenberg

Wir nehmen zu guter Letzt noch ein großes Blatt, um unserer trefflichen Freundin recht in guter Form Abschied zu sagen. Um's Scheiden ist es übrigens eine böse Sache. Die ersten Tage denkt man immer noch die Gegenwart festzuhalten; wie wir denn auch Anfangs durch eifriges Hin- und Wiederschreiben redlich gethan haben; dann stockt es aber doch, und[161] wenn man sich zu einer gegenwärtigen, leidenden Freundin an's Kanape setzen kann, so kann man ihr in die Ferne nichts werden.

Lassen Sie uns also der Nothwendigkeit gehorchen und leben Sie recht wohl. Ich gehe morgen nach Franzenbrunn und habe mich sehr gefreut, heute noch ein Briefchen von Ihnen zu erhalten. Vielleicht hören wir noch wechselseitig von einander, ehe uns die Poststationen weiter auseinanderrücken.

Was die Kriegsgerüchte betrifft, so möchte ich Sie gerne beruhigen. Ich müßte mich sehr irren, oder Sie haben vor Endigung Ihrer Kur nichts zu besorgen. Reisen Sie alsdann gelassen nach Wien zurück. Wer weiß, ob sich die Götter dieses Ninives nicht noch erbarmen, worin »so viele gute Menschen zu bedauern wären, nicht weniger so vieles Vieh.« Siehe Buch Jonä am Schluß.

Also nochmals Ihnen und Ihrer liebevollen Umgebung ein herzliches Lebewohl. Auf alle Fälle schreibe ich sobald ich nach Weimar komme. Thun Sie dasselbige von Wien aus. Wir empfehlen uns beide bestens und danken zum schönsten für alles erwiesene Gute.

Carlsbad den 29. August 1808.

Goethe. [162]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Marianne von Eybenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7CDF-5