29/7953.
An Ambrosius Hubert Eichhorn
Ew. Wohlgeboren
mußten mich länger als zwey Jahre für sehr undankbar halten, daß ich auf die mir 1815 gefällig zugesagte, im April 1816 von Trier abgegangene und unter dem 29. May dieses Jahres mir angemeldete sehr angenehme Mineraliensendung bis jetzt noch kein Lebenszeichen von mir gegeben. Folgendes möge zu meiner Entschuldigung dienen. Jene Sendung kam zur rechter Zeit bey meinen Freunden in Frankfurt an, der zerbrochene Kasten nöthigte die Stufen auszupacken, man legte sie bey Seite, und über mancherley Umstände vergaß man die fernere Expedition. Auch ich, durch mancherley harte Schicksale meinen Studien und Neigungen entfremdet, unterließ zu erinnern. Erst vor kurzem, als ich eben in Betrachtung ähnlicher Gebirgsbildungen beschäftigt war, fand ich unter meinen Papieren jenes Trierische Verzeichniß und erhalte nun auf Anregung, gerade zur rechter Zeit, diesen mir gleichsam aufgehobenen Schatz, nachdem mir von einer ganz anderen Seite, aus den Fassathal nämlich, ähnliche mineralische Gebilde zugekommen waren.
Mögen Ew. Wohlgeboren Sich meines zwar verspäteten aber aufrichtigen und desto lebhaftern Danks versichern, haben Sie die Güte meiner zu gedenken, so wie die mir geneigtest übersendeten Schaustücke Ihr [16] Andenken an meine Studien und Liebhaberey immerfort anknüpfen werden.
ergebenst
J. W. v. Goethe.