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An Nikolaus Meyer

Ew. Wohlgebornen

empfohlenen jungen Mann, der übrigens, wie ich höre, von den Unsrigen freundlich aufgenommen worden, konnte leider nicht sprechen, noch ihm auch sonst etwas Angenehmes erweisen, weil mehrfach zusammentreffende Übel die herkömmliche Gastlichkeit meines Hauses gerade in dieser Zeit vollkommen unterbrachen; ich will jedoch nicht versäumen, für Ihre schöne Sendung dankend, auch wieder einmal einiges von mir vernehmen zu lassen.

Ihr Sonntagsblatt setzt sich in seinem Charakter gar löblich fort; der besondere Zustand, für welchen es geschrieben ist, spricht sich deutlich aus, und müssen daher solche Mittheilungen auch an Ort und Stelle das Beste wirken. In gleichem Sinne scheint die westphälische Gesellschaft zusammen zu treten und wird gewiß auch deshalb unmittelbar die gewünschten Früchte bringen. Empfehlen Sie mich den Verbundenen.

Hiebey aber darf ich nicht übergehen, daß Ihre Sendung mich gerade in dem Augenblicke antraf, als ich die Anzeige der neuen Ausgabe meiner Werke abzuschließen [24] mich in dem Falle befand. Sie werden gewiß daher nicht übel deuten, wenn ich bekenne, daß bey Lesung Ihres Sonntagsblatts mir scheinen wollte, als wenn Sie zugleich Ihrem Kreise und mir dienstlich seyn und Vortheil bringen würden, wenn Sie die Ausbreitung meiner Arbeiten auch dort begünstigten. Solche Productionen erregen das schon im Stillen vorhandene Leben zu frischer Äußerung und geben Anlaß, die innern Gemüthszustände, so wie die äußern Andränge in den mannichfaltigsten Formen darzustellen, mitzutheilen und genießbar zu machen. Sie kennen zwar das Meiste selbst und haben daran im sittlichen und ästhetischen Sinne gar manche schöne Erfahrung gemacht. Aber ich darf wohl sagen, daß gerade die erste Lieferung von fünf Bänden, die ich zum Druck abschicke, eben als das Wirksamste betrachtet werden darf, was seit langer Zeit in unsere deutsche Literatur eingegriffen hat; es sind vier Bände kleiner Gedichte, zwey fast wie sie bekannt sind, zwey theils neu, theils frisch gesammelt, und sodann der Divan, dem Gehalt nach stark vermehrt. Sobald eine Partie Anzeigen in meinen Händen ist, übersende ich davon und wiederhole mein freundliches Ansuchen.

Zu der Freude, die Sie an Ihren Kindern erleben, wünsche von Herzen Glück. In diesen Tagen sende die bisher wohl verwahrten Ringe wieder, auf manche Weise verdienstliche Kunstwerke, welche jedoch im einzelnen zu würdigen nicht leicht ist; eben so wäre der [25] Geldwerth schwer anzugeben, es kommt immer auf den Liebhaber an, der dergleichen sucht. Einiges für Ihre lieben Kinder sende zum Andenken und zur Nacheiferung nächstens. Ihre werthe Gattin grüßen Sie zum schönsten, und gedenken manchmal zusammen jener heitern weimarischen Tage und bleiben eines unverbrüchlichen Andenkens versichert.

Treulichst

Weimar den 7. May 1826.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Nikolaus Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7DD7-9