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An Johann Friedrich Krafft
[Weimar] Den 11. November 1778.
Einen Überrock, Stiefel und Strümpfe erhalten Sie in diesem Pack und etwas Geld. Mein Plan für Sie diesen Winter ist folgender:
In Jena ist wohlfeil leben. Ich will mich umthun lassen nach einem Quartier, Tisch u.s.w., auf's [255] genauste eingerichtet für jemanden (will ich sagen), der mit einer geringen Pension, die er zu geniesen hat, in der Stille leben will.
Wenn das geschehn ist, schreib ich's Ihnen und Sie gehen hin, ziehen ein und ich schicke Tuch und Futter und Geld zu einem Rocke, den lassen Sie sich machen, und ich will dem Rektor sagen lassen, Sie wären mir empfohlen, wünschten auf der Akademie in der Stille zu leben einige Zeit, und möchten eingeschrieben sein.
Dann müssen Sie einen leidlichen Roman erfinden, allenfalls den Titel Sekretair behalten u.s.w., sich einschreiben lassen und dann fragt Niemand mehr nach Ihnen, kein Burgemeister und Amtmann. Einen Rock von mir hab ich Ihnen drum nicht geschickt, weil man den in Jena erkennen möchte. Schreiben Sie mir erst über die Idee. und wofür Sie sich allenfalls ausgeben wollen.
W. d. 11. Nov. 78.
G.
Durch eine Nachläßigkeit ist das Pack liegen blieben, der Brief kann aber noch fort.
Also antworten Sie mir auf das was vorsteht, eh will ich das Packt nicht fortschicken. Vielleicht ist's gut wenn Sie grad nach Jena in einen Gasthof gehen. Scheuen Sie sich dort vor nichts.
Und fassen Sie wieder Fuß auf der Erde! Man lebt nur einmal.
[256] Ich weis im ganzen Umfang, was das heißt: sich das Schicksal eines Menschen mehr, zu den übrigen Lasten auf den Hals binden, aber Sie sollen nicht zu Grunde gehen.
Ich überlaß es Ihrem Urtheil. Wollen Sie in Gera bleiben bis alles in der Ordnung in Jena ist.Das halt ich für besser. Und so sitzen Sie in Gera ruhig.
(sollte aber etwasvorfallen, so)
G.