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An Johann Friedrich Rochlitz

Verzeihen Sie, Werthester, daß ich erst spät auf Ihre Anfrage zur Antwort komme; ich führe jetzt ein etwas unstätes Leben, und spiele rouge et noir zwischen Weimar und Jena, wo es an beiden Enden zu thun giebt, zwar nicht außer meiner Sphäre, doch auch innerhalb derselben nicht ganz erfreulich.

Haben Sie herzlichen Dank für alle Bemühung und Theilnahme, auch für Ihre Betrachtung über mein Thun und Wesen. Das Liebste muß ich immer liegen lassen und für lauter Treiben und Arbeiten komme ich zu keinem Genuß, am wenigsten zu einer Besinnung, was man erhalten, fördern, fahren lassen oder verbrennen soll. Wir wollen sehen, wie lange wir's treiben, und was wir noch vor uns bringen. Gönnen Sie mir Ihre Theilnahme für und für, und erhalten mir und meinem Andenken guten Willen in Ihrem Wirkungskreise.

Das übersendete Kupfer ist leider, wie Sie selbst sehen, keineswegs trostreich; dem guten Manne, der[307] so wunderlich aus dem Blättchen heraussieht, wird das Denken äußerst schwer, und der Beschauer kann sich einer peinlichen Empfindung nicht erwehren. Der Fehler, den die Künstler durch Vergleichung selbst gefunden haben, ist freylich sehr entstellend. Der Keim zu allen diesem lag schon im Original, das ich den wackeren Boisserées übersendete, von Copie zu Copie ist es schlimmer damit geworden.

Mögen Sie das mit Schonung an die guten Leute bringen, die mit so vielem reinen Willen ihre Kunst geopfert haben, denn der Stich ist wirklich verdienstlich. Ich selbst muß die Sache ignoriren, denn als ich hier einigen Freunden das Blatt vorzeigte, wurde ich übel angelassen. Dieses Wenige zu sagen, finde ich in Jena gerade eine ruhige Stunde; kommen Sie im Fall mir etwas zu schicken oder zu fragen, so senden Sie es nach Weimar und bleiben meiner Theilnahme und Dankbarkeit versichert.

ergebenst

Jena den 24. November 1817.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An Johann Friedrich Rochlitz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7E73-1