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An Amalie von Levetzow

Endlich ist der März vorüber, die Sonne steht höher, Schneeglöckchen, Krokus, und andre niedliche Frühblumen seh ich in Büschel und Reihen vor meinem Fenster und kann glauben daß die Freundinnen, Abends am traulichen Tische versammelt, mir ein Plätzchen unter Sich gönnen möchten.

[107] Bisher habe ich Sie nur bey Festen, auf Bällen, im Theater mir denken können, da wird es denn wohl an aufmercksamen Verehrern nicht gefehlt haben, die ich zu beneiden mich nicht könnte.

Das Frühjahr ist also da! Wie wird es mit dem Sommer werden? Bey dieser Frage ist mir nicht ganz wohl zu Muthe. Der verehrte Fürst scheint sich nach Westen hin zu neigen, da seine Diener den Osten im Auge behalten. Wie sich dieser Zwiespalt lösen wird ist voraus zu sehen.

Sagen Sie mir indessen, theuerste Freundinn, mit mehr Entschiedenheit, wenn es möglich ist, Ihre Aussichten, Plane, Vorsätze für die nächste Zeit; dadurch gewänne man, im ungewissen Falle, doch einen Anhalt auf den man lossteuerte.

Ferner lassen Sie mich ja erfahren wie Sie diesen Winter zugebracht, möge ich das Beste hören! Mich hat er nicht glimpflich behandelt; mein aus Osten mitgebrachter guter Humor, im Andencken so schöner Stunden, machte mich sicher, ich traute mir zuviel zu und mußte dafür büßen.

Die liebe Jugend ist wohl so froh als gesund und ich kann mir sie im Freyen dencken; der Hünerhof und der Hasenberg erscheinen mir manchmal als wenn ich dagewesen wäre, oder dort seyn sollte.

So weit war schon zu Anfang des Monats geschrieben und manches hing noch in der Feder das nicht recht heraus wollte. Nun aber soll das Blatt [108] ohne weitern Aufenthalt seinen Weg dahin nehmen wo ich die Botschaft lieber selbst ausrichtete, obgleich im Augenblick ungewiß wohin ich mich zu wenden hätte.

Gedencken Sie mein mit den lieben Kindern und gönnen mir die Hoffnung daß ich, mit den gleichen Gefühlen und einigen unterhaltenden Druckheften ankommend, den Lieben an dem alten Plätzchen willkommen seyn werde.

Indessen bleibt der zierlich Becher der Vertraute meiner Gedanken, die füßen Nahmenszüge nähern sich meinen Lippen, und der 28te August, wenn es nicht soweit hin wäre, sollte mir die erfreuliche Aussicht geben. Ein trautes Anstoßen und so weiter

unwandelbar

Weimar d. 13 Apr. 1824.

Goethe.


Den vierfüßigen Geleitsmann so wie die Weim. Münzen habe sogleich erinnert; sollte noch keine Erfüllung der Zusage erfolgt seyn, so wollen wir noch einmal anklopfen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An Amalie von Levetzow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7EDB-8