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An Nikolaus Meyer

Indem ich, mein Theuerster, die Ringe einpacken und einiges beylegen will, finde ich noch Raum in dem Kästchen und fühle mich zugleich im Geist und Sinn freyer als diese Jahre her, wo ich die Ausgabe meiner Werke vorzubereiten und die Privilegien zu bewirken mehr als billig belastet war.

Ich kann deshalb meine Gedanken nach außen gegen frühere Freunde mit Neigung hinwenden und eine erneute Verbindung hoffen.

[75] Dieß geschieht um desto muthiger und zuversichtlicher, da ich durch eben diese Ausgabe mit ihnen in frische Verbindung trete, theils daß sie wieder einen Blick längst bekannten Arbeiten zuwenden, theils durch das Neue frisch angeregt und auf ihrem Wege gefördert werden.

Lassen Sie mich nun auch zunächst von Ihren Zuständen und Bemühungen das Fernere wissen, besonders auch wie Sie Ihren kunstreichen Sohn in die Lehre bringen wollen; wie ich denn auch von Zeit zu Zeit von den Arbeiten und dem Gelingen Ihrer Gesellschaft Nachricht wünsche.

Da der Inhalt des nachfolgenden Kästchens sich blos auf weimarische Angelegenheiten bezieht, so muß ich hoffen, daß es Ihnen erfreulich seyn werde, da Sie sich so manche Jahre zu den Unsrigen zählten, und Erinnerung früherer Zeiten das Leben wieder auffrischt. Auch bey mir wird es eine theuere Angelegenheit, das Ende gegen den Anfang hinzubiegen. Das Kästchen wird Freytag den 30. Juni von hier abgehen.

Mit den besten Wünschen und Hoffnungen.

treulichst
Weimar den 30. Juni 1826.
J. W. v. Goethe.

[76] [Beilage.]
Inhalt der Sendung.
Dem würdigen Hausvater.
1. Groß-Herzogliches Jubiläum. 2 Bände.
2. Goethe's goldner Tag. 1 Band.
3. Kunst u. Alterthum: 4. Band 3 Hefte, vollständig; 5. Band 2 Hefte, das dritte unter der Presse.
Der liebewerthen Hausfrau.
Zum Andenken an weimarisches Local und dortigen Freund.
Dem guten Pathen.
Eine Medaille in Silber.
Dem hoffnungsvollen Bildner.
Drey Medaillen in Bronze.
Beiden Söhnen.
Ein paar Denkblätter.
Ein Schächtelchen mit 6 Ringen.

Mit dem Wunsche glücklichen Empfangs
treuergeben
Weimar den 25. Juni 1826.
J. W. v. Goethe.

[77] Über diese rückkommenden Ringe ließe sich soviel sagen:

1) In ungleichen Carneol geschnittenes Heldenköpfchen, angenehme Bildung, kein besonderes Kunstwerk.

2) Ein hochgeschnittener Marcus Curtius, gute Arbeit, allenfalls aus dem sechzehnten Jahrhundert; geistreich gedacht: indem der Held resolut in die Flamme springen will, scheut das Pferd und wendet den Kopf ab.

3) Hochgeschnittenes kleines bärtiges Köpfchen; später, doch nicht ohne Verdienst.

4) Onyx mit zwey Lagen, einer Schwarzen und einer blaulichen, aus alter, aber späterer Kunstzeit: Jason und Medea vorstellend.

5) Dergl. Onyx, ein Jüngling mit Schwert und Gürtel in der Hand.

6) Ein orientalischer Siegelring mit Spruch aus dem Koran, blumig verziert.

Weimar den 30. Juni 1826.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Nikolaus Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7F15-B