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An den Herzog Carl August

Sie bleiben, höre ich, länger aussen als Anfangs Ihre Absicht war, darum schicke ich noch einige Zeilen und erzähle wie mir es ergangen.

Ich war mit dem Prinzen in Jena, der nach seiner Art ganz vergnügt und aufmercksam auf dieser kleinen Tour war. Es wird ihm gewiß wohl thun wenn man ihm von Zeit zu Zeit eine kleine Verändrung dieser Art macht. Giebt es noch einen schönen Tag; so möcht ich ihn wohl einmal nach Erfurt bringen.

Dann ritt ich nach Ilmenau wo sie ernstlich beschäftigt sind die Wasser zu gewältigen. Sobald ein Saz steht sind die Lachter geschwind ausgepumpt, aber die Sätze hineinzubringen ist ein umständliches, ja gefährliches Arbeiten. Inzwischen scheint das Rad sehr gut gebaut und sieht mit seinen Krummzapfen und kreuzen gar ernsthaft in der Finsterniß aus. Die zwölf und eilfzöllichen Sätze heben einen gewaltigen Schwall Wasser. Die Wasser sind jetzt 25 Lachter unter dem Stollen gewältigt. Ich bin biß auf sie hinab gefahren, um die Arbeit selbst zu besehn die nötig ist, die Sätze zu stellen und einzurichten. Übrigens sieht alles recht artig und ordentlich aus.

Seit meiner Rückkunft habe ich fleißig an meinem Operibus gearbeitet und hoffe nun bald über den[36] Tasso das Übergewicht zu kriegen. Es ist einer der sonderbarsten Fälle in denen ich gewesen bin, besonders da ich nicht allein die Schwürigkeit des Süjets, sondern auch Ihr Vorurtheil zu überwinden arbeiten muß. Je weiter ich komme, desto mehr Hoffnung habe ich zur reüssiren.

In der Litteratur Zeitung steht eine Recension meines Egmonts welche den sittlichen Theil des Stücks gar gut zergliedert. Was den poetischen Theil betrift; möchte Recensent andern noch etwas zurückgelaßen haben.

Ich empfange Ihren lieben Brief mit meinem Gedichte. Es freut mich sehr wenn es Ihnen einigermaßen gefallen und Gelegenheit zu frommen Betrachtungen gegeben hat.

Gebe uns der Himmel den Sinn uns ans nächste zu halten, man verwöhnt sich nach und nach so sehr, daß einem das natürliche unnatürlich wird. Ich habe zwar hierüber nicht mehr mit mir zu kämpfen, doch mich immer daran zu erinnern.

Leben Sie recht wohl und kommen bald und gesund zurück. W. d. 1. Ockt. 88.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1788. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7F18-5