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An die Großherzogin Maria Paulowna
[8. Januar 1816.]
Ew. Kayserl. Hoheit sind von meiner aufrichtigen Anhänglichkeit dergestalt überzeugt, daß ich meine treuen Wünsche bey dem eingetretenen Jahreswechsel nicht schriftlich ausdrücken würde, wenn ich mich nicht in dem Fall befände Ew. Hoheit eine angenehme Aussicht mitzutheilen, von welcher wir uns sämmtlich manche Zufriedenheit versprechen können.
Der Ober-Baurath Coudray, welcher früher in Fuld-Dranischen Diensten gestanden und nachher die sämmtlichen interragna jenes Landes mit durchlebt hat, wird in hiesige Dienste treten und, soviel ich diesen Mann habe kennen lernen, gewiß nützliche Dienste leisten und Ew. Hoheit Vertrauen sich verdienen. Ja ich wünsche nichts sehnlicher, als daß wir das Glück hätten Ew. Hoheit schon gegenwärtig hier zu besitzen und gedachter Mann wäre schon in seiner neuen Stelle. Doch die Aussicht daß auch diese Wünsche sich bald erfüllen werden, tröstet mich über manches Bisherige in diesem Fache und ist mir besonders erfreulich wegen des für Ew. Kayserl. Hoheit eingeleiteten Baues, dessen Betrieb durch mancherley Zufälligkeiten bisher verhindert worden. Doch gestehe ich aufrichtig, daß es mir höchst angenehm ist, die Sache noch nicht weiter vorgeschritten zu sehen. Ich wünsche nichts mehr als [211] daß Ew. Kayserl. Hoheit dieselbige an sich fassen und sich über das Bisherige beruhigen möchten. Nur in Ew. Hoheit Gegenwart und unter Anleitung eines Mannes, der die Sache übersieht und genugsames Ansehen hat, um dasjenige, was beschlossen worden auszuführen, kann ein Geschäft und besonders dieses gedeihen, wo so manche Bedenklichkeit hervortritt die zu lösen niemand sich ermächtigen mag.
Der Hauptpunct, vor welchem wir gegenwärtig stehen, ist die Nothwendigkeit, den Zimmern und Sälen, jedem eine seiner Breite und Länge angemessene Höhe zu geben, da wo es nöthig ist Decken einzuziehen und also das eigentliche Grundgerippe des Baues zu vollenden. Weil aber in der Proportion gedachter Maaße des Baumeisters vorzüglichste Kunst sich äußert, indem ja alle nachherige Verzierung von der Grundgestalt des Gefäßes abhängt, so wünschte, daß gedachter Mann darin sein Probstück ablegte und, was dieses bedeutende Erforderniß betrifft, nichts geschehe, was künftighin zu bedauern oder umzuändern ist. Da nun ohnehin die Jahrszeit nur langsame Fortschritte des Baues erlaubt, so würde nichts verloren seyn, wenn man die Entscheidung dieser Fragen bis zum Eintritt gedachten Mannes verschöbe, weil ich, von dem großen Schloßbau her, die traurige Erfahrung habe, daß ein Baumeister nicht leicht dasjenige unverrückt läßt, was ein anderer vor ihm angefangen und eingerichtet hat. Höchst wichtig ist es, daß nunmehr [212] alles gleichen Schritt gehe, da die an mehreren Stellen höchst nöthige Beleuchtung von oben neue Schwierigkeiten sowohl in Absicht auf Construction als Decoration nach sich zieht.
So sind denn auch in der Gegenwart des Oberbauraths jene Bedenklichkeiten abermals zur Sprache gekommen, welche bisher der Fernstererhöhung im Wege gestanden und schon mehrmals beredet worden, wie ich sie denn hier im Einzelnen vorzutragen mir die Freyheit nehme. Wenn man das neue Angebäude nicht als ein ganz besonderes ansehen und decoriren, sondern als eine Fortsetzung des Schlosses betrachten wolle, so wäre in der Fensterhöhe nicht wohl eine Veränderung zu machen. Die Breite derselben wäre um 6 Zoll zu erweitern, die Fenster sehen nicht wirklich so klein, als sie gegenwärtig von außen und innen erscheinen. Von außen, weil ihnen alle Verzierungen abgehen, von innen, weil die disproportionirte Höhe der kleinen Zimmer eigentlich den Mißstand manche und gegenwärtig die wüste Unfarbe der Wände nur kümmerlich erleuchtet erscheine. Licht würden sie genugsam geben, weil die Wände nicht dick sind und also nicht wie in dem Schlosse die starken Mauern die Verbreitung des Tageslichts hinderten. Die schickliche Erniedrigung der Zimmer und eine muntere Behandlung der Decoration würden das Ihrige beytragen, so wie das Oberlicht bey den größern Gemächern.
[213] Ferner sey eine gewisse Höhe zwischen den Fenstern und der Decke sogar wünschenswerth, weil in der neuern Zeit sehr viel Pracht und Zierde auf die Drapirungen der Vorhänge gewendet werden, deren Herabhängen gewöhnlich einen Theil hoher Fenster verdecke, welches bey dem neuen Ameublement gar füglich vermieden werden könne.
Diese Bedenklichkeiten sind es, weshalb bis jetzt die Fenster in ihrem vorigen Zustand geblieben, indem ein Untergeordneter hierin zu entscheiden sich nicht ermächtigen darf.
Möchten Ew. Kaiserl. Hoheit alles Vorgetragene mit gnädigen Augen ansehen um darin die Absicht wahrzunehmen, Höchstderoselben Befehle und Wünsche nach Maaßgabe der vorliegenden Umstände immer schuldigst vor Augen zu haben.
So tritt denn auch bey Betrachtung des Obengesagten der Umstand ein, daß so lange die Höhe der Zimmer nicht genau bestimmt ist, an eine Vorarbeit zu Verzierung der Wände, Decke und Fußboden kaum geschritten werden kann, weil die Hauptbestimmungen noch allzu vag und unentschieden daliegen. Ja ich darf wohl gestehen, daß dieses ganze Geschäft mir höchst unerfreulich erscheinen würde, wenn wir nicht an der Spitze unseres ganzen Bauwesens bald einen Mann zu sehen hoffen könnten, mit welchem zu arbeiten eine Lust wäre. Ich müßte mich aber sehr irren, wenn man nicht bey Ihro Kaisel. Hoheit persönlicher[214] Gegenwart durch die Gewandtheit eines solchen Mannes in wenig Wochen weiter vorschritte, als es jetzt in Monaten geschehen kann. Erlauben Höchstdieselben, daß ich mich auf jene Epoche im voraus freue, indessen aber als Zuschauer wenigstens auf das zu merken suche, was zu den schon vorhandenen Hindernissen neue herbeyführte.
Möge das Gegenwärtige Höchstdieselben bey guter Gesundheit und frohem Muthe antreffen, wie ich mich denn dem Höchsten Paare noch schließlich zu Huld und Gnade angelegentlich empfehle.
Weimar den 3. Jan. 1816.