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An Friedrich Schiller

In meiner Garteneinsamkeit fahre ich an meiner Arbeit recht eifrig fort und die reinliche Abschrift fördert gleichfalls. Noch kann ich selbst nicht sagen wie es mit der Sammlung werden wird, eins fordert das andere. Mein gegenwärtiger Aufenthalt erinnert mich an einfachere und dunklere Zeiten, die Gedichte selbst an mannigfaltige Zustände und Stimmungen. Ich will nur sachte hin immer das nächste thun und eins aus dem andern folgen lassen.

Die Epigramme sind, was das Sylbenmaß betrifft, am liederlichsten gearbeitet und lassen sich glücklicherweise am leichtesten verbessern, wobey oft Ausdruck und Sinn mit gewinnt. Aus den Römischen Elegien habe ich manchen prosodischen Fehler und ich hoffe mit Glück weggelöscht. Bey passionirten Arbeiten wie z.B. Alexis und Dora ist es schon schwerer, doch muß man sehen wie weit mans bringen kann und am Ende sollen Sie, mein Freund, die Entscheidung haben. Wenn man solche Verbesserungen [145] auch nur theilweise zu Stande bringt, so zeigt man doch immer seine Perfectibilität, so wie auch Respect für die Fortschritte in der Prosodie welche man Voßen und seiner Schule nicht absprechen kann.

Überhaupt müßte diese Sammlung in manchem Sinne wenn es mir gelingt als ein Vorschritt erscheinen.

Meyer will ein halb Dutzend Zeichnungen dazu liefern, etwa nur ein Paar unmittelbaren Bezugs, oder wie man sagen möchte historischen Inhalts, z.B. die Katastrophe der Braut von Corinth. Andere müßten einen entfernteren symbolischen Bezug haben.

Indem ich nun dergestalt aus dem Alten nach dem Neuen zu arbeite, ist mir die Hoffnung gar erfreulich daß mich bey Ihnen etwas ganz Neues erwarte, wovon ich so gut als gar keine Idee habe. Seyn Sie fleißig, wenn es die Umstände erlauben wollen, und vollbringen glücklich Ihre Rudolfstädter Fahrt. Lassen Sie August manchmal bey sich gut aufgenommen seyn; da ich nicht nach Jena entweichen konnte, so mußten die Meinigen weichen, denn dabey bleibt es nun einmal: daß ich ohne absolute Einsamkeit nicht das mindeste hervorbringen kann. Die Stille des Gartens ist mir auch daher vorzüglich schätzbar.

Nochmals ein Lebewohl und einen Gruß an Ihre liebe Frau.

Weimar am 7. August 1799.

G. [146]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7F67-6