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An Carl Friedrich Zelter

Kund und zu wissen sey hiermit dem theuersten Freunde, daß ich Sonnabend den 12. May ganz unschuldigerweise in meinen untern Garten fuhr, ohne auch nur irgend einen Gedanken als daselbst eine freundliche Stunde zu verweilen. Nun gefiel es mir aber daselbst so wohl, die Frühlingsumgebung war so unvergleichlich, daß ich blieb ohne bleiben zu wollen und heute am Himmelfahrtsfeste mich noch hier befinde, diese Tage her immer thätig und ich hoffe andern wie mir erfreulich. Der zweyte Theil der Wanderjahre ist abgeschlossen; nur weniger Binsen [189] bedarf es um den Straußkranz völlig zusammenzuheften, und das thäte am Ende auch jeder gute Geist, das Einzelne auf- und anfassend, und vielleicht besser.

Nun aber soll das Bekenntniß im Stillen zu dir gelangen, daß ich, durch guter Geister fördernde Theilnahme, mich wieder an Faust begeben habe, und zwar gerade dahin, wo er, aus der antiken Wolke sich niederlassend, wieder seinem bösen Genius begegnet. Sage das niemanden; dieß aber vertrau ich dir, daß ich von diesem Punct an weiter fortzuschreiten und die Lücke auszufüllen gedenke zwischen dem völligen Schluß, der schon längst fertig ist. Dieß alles sey dir aufbewahrt und vor allem in Manuscript aus deinem Munde meinem Ohr gegönnt.

Hier muß ich nun abschließen und dich bitten, deiner guten Doris beykommendes Blättchen zu empfehlen; meine separat-extemporirte Studentenwirthschaft ermangelt gar manches Nothwendigen.

Lebewohl! ich erfreue mich deiner Existenz in dem neuen Palaste! und war ich gestern, als ich von unserer lieben jungen Fürstin einen extemporirten Abschied nahm, ganz froh daß ich wußte sie gehe glücklichen wünschenswerthen Verhältnissen entgegen.

altherkömmlich

Weimar den 24. May 1827.

Goethe. [190]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7F9B-1