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An Johann Jacob und Marianne von Willemer

So eben kommt Hudhud, der sich etwas zu lange bey seiner ehemaligen Gönnerin verweilt haben mag, mit belobtem Weihrauch zurück den ich jedoch scharf zu prüfen bitte, ob er denn auch dem sonst beliebten gleich sey. Wird er probat gefunden, so steht, auf geneigte Anmeldung, jedesmal einen neue Portion zu Diensten, nur bemerkte daß man wohl thut das Glas von Zeit zu Zeit zu schütteln, damit die Ingredienzien immer gleich vertheilt bleiben.

Zugleich aber hab ich für die freundliche Bemerkung zu danken, welche auf die Nachholung eines früheren Versäumnisses hindeutet. Hübsch wär es gewesen wenn man gleich in der ersten Zeit an ein solches ehrenhaft beyzubehaltendes Verhältniß gedacht hätte; auch sind dazwischen manche Epochen eingetreten wo dazu Gelegenheit gewesen wäre. Da nun aber auch die nächstvergangene hiezu nicht benutzt ward, so glaube ich es sey am besten gethan diese Angelegenheit ruhen zu lassen und der glücklichen Freundschaftsbezüge im Stillen zu genießen. Mündlich würde sich manches hin und wieder verhandeln lassen, ich spreche hier das letzte Resultat meiner Überlegungen aus, mit wiederholtem Dank für jenes zartmüthige Erinnern.

Nun aber hab ich hinzuzufügen daß ich das Schreiben vom 7. August zu seiner Zeit wohl erhalten, [114] auch mich dem vorjährigen Reisewege, dem Tagebuch zu Folge gern angeschlossen habe; der Brief aus Baden ist mir gleichfalls freundlich zugekommen, so wie der am 25. September aus Frankfurt, worauf ich früher eine dankbare Erwiderung gesendet hätte, wäre nicht Hudhud mehr als billig ein Zögerer gewesen. Wie ich denn auch sonst auf gar manche Weise belagert und zu einer ausführlichen Mittheilung in die Ferne durch schnelles Umdrehen des Innern verhindert werde. Mögen Sie in Ihrer häuslichen Ruhe meiner gern gedenken und auch wohl ein Stündchen zu schriftlichem Antheil an den Freund wenden, dessen treue Gesinnungen sich immer gleich bleiben.

Und so fort an!

Weimar den 22. October 1829.

J. W. v. Goethe.


Nachschriftlich

habe freundlichst zu vermelden daß ich am Abend des 23n da Vorstehendes geschrieben war, die sämmtlichen Blätter vom 7. August bis zum 25. September nochmals durchgelesen und, bey reiner ruhiger Stimmung, den angenehmsten Genuß gehabt, wogegen Vorstehendes gleichsam nur in einem todten Geschäftstone geschrieben ist. So abhängig ist man vom Augenblick und so selten die fromme Stimmung, in welcher man sich allein das Abwesende zu vergegenwärtigen fähig fühlt. Manches folgt hiernächst, besonders auch ein pflanzenreiches Blatt.

Wie oben und immer. [115]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Johann Jacob und Marianne von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7F9D-E