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An Charlotte von Stein

Wüsstest du liebste Seele wie sehr du mir fehlst du würdest wenig Ruhe in deiner Einsamkeit haben, [93] du würdest iede Stunde wünschen zu mir herüber zu fliegen und ein Leben mit mir zu theilen das mir ohne dich ganz und gar abgeschmackt und unerträglich wird. Deine Entfernung ist mir ein rechter Probstein meiner Selbst. Ich sehe wie wenig ich für mich bestehe und wie nothwendig mir dein Daseyn bleibt daß aus dem meinigen ein Ganzes werde.

Ich war in Jena und fand es einsam, ich kam zurück und fand es leer. Bey Herders bin ich und wir leben angenehm zusammen, manchmal mit dem Prinzen. u.s.w. Das wäre alles recht gut wenn du da wärest, deine Gegenwart macht alles reizend deine Abwesenheit kan mir nichts ersezen.

Noch immer les ich an Neckern und seinen Gegnern, es ist ein sonderbar Studium. Vielleicht kann ich dir einmal die Resultate referiren.

Von Friz ist hier der Brief aus Salmünster, weiter hab ich noch nichts, ich schreib ihm heute und schick ihm allerley Briefe und Billetgen die an ihn gekommen sind.

Grüsse Steinen ich hab ihn seit deiner Abreise nicht gesehen, er war nie zu Hause wenn ich ihn suchte.

Der Herzog ist mit der Herzoginn nach Gotha um den Prinzen von Mecklenburg dort zu sehen, sie logieren bei Prinz August.

Camper hat gar einen guten Brief über den ersten Teil der Ideen an Herder geschrieben. Ich mögte alles Gute mit dir theilen.

[94] Jakobi macht mir einen tollen Streich. In seinem Gespräche mit Lessing kommt doch das Gedicht Prometheus vor, ietzt da er seine Götterlehre drucken lässt, setzt er das andre Gedicht: edel sey der Mensch! mit meinem Nahmen voraus, damit ia iedermann sehe daß Prometheus von mir ist. Wie du aus beyliegendem Wercklein sehn kannst.

An meinem Wilhelm fahr ich fort, wo möglich im November Wort zu halten.

Ich habe nun gewisse Nachricht daß Blanchard auffährt. Vielleicht zu Ende dieser Woche. Sein Ballon wird etwas gröser als unsre Schnecke seyn. Es freut mich für Fritzen unendlich.

Sobald du zurückkommst musst du mit zu Lossius wir haben einige gute Stunden da zugebracht, du wirst dich an der Herrlichkeit des himmlischen Heers erfreuen.

Eben erhalte ich eine schöne Melone und fasse den Entschluß dir einen Boten zu schicken. Ich habe solange nichts von dir gehört und das ist nicht natürlich. Gute Nacht beste. Laß dir die innre Überzeugung bleiben daß ich ganz dein bin.

Weimar d. 11 Sept. 85.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1785. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7FB7-0