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An Carl Ludwig von Knebel

Deinen Brief erhielt ich eben als ich von Weimar nach Jena gehen wollte. Wegen des Geldes habe ich die nöthigen Aufträge gegeben und ich hoffe du wirst es wenigstens zum Theil erhalten haben. Von hier aus will ich dir wenigstens ein Wort schreiben und dir von meinen Hoffnungen etwas sagen.

Die Achilleis ist eine alte Idee, die ich mit mir herumtrage und die besonders durch die letzten Händel über das Alter der Homerischen Gedichte und über die rhapsodische Zusammenstellung derselben neues Leben und Interesse erhalten hat. Ich fange mit dem Schluß der Ilias an, der Tod des Achills ist mein nächster Gegenstand, indessen werde ich wohl noch etwas weiter greifen. Diese Arbeit führt mich auf die wichtigsten Puncte der poetischen Kunst, indem ich über das epische nachzudenken alle Ursache habe. Schiller fördert indessen das Trauerspiel und so kommt man theoretisch und praktisch immer etwas weiter. Ich sehe recht zufrieden in den vorstehenden Sommer hinein und auf die nächsten Arbeiten, die sämmtlich von vergnüglicher und geisterhebender Art sind.

Jenes große Naturwerk habe ich auch noch nicht aufgegeben. Mir däucht ich könnte den Aufwand von Zeit und Kräften die ich an jene Studien gewendet[52] nicht besser nutzen als wenn ich meinen Vorrath zu einem Gedicht verarbeite. Du hast den kleinen Versuch über die Metamorphose der Pflanzen gut aufgenommen und Herder hat mir auch etwas besonders freundliches darüber gesagt, welches mich sehr ermuntert an das größere Werk zu denken. Freylich ist es im Ganzen ein fürchterlicher Anblick, doch muß man denken daß man nach und nach durch anhaltenden Fleiß vieles zu Stande bringt.

Lebe recht wohl halte dich auch am Fleiße sobald das dritte Stück der Propyläen geheftet ist erhältst du es. Du findest wohl noch einiges darinn was dir Freude macht. Lebe wohl und gedenke mein.

Jena am 22. März 1799.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8014-8