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An Carl Friedrich Zelter

Die Composition von Johanna Sebus habe ich zwar erst unvollkommen gehört, allein genugsam, um versichern zu können, daß sie mir ganz vortrefflich [203] vorkommt. Ich müßte sehr weitläufig seyn, wenn ich alles sagen wollte was mir bey dieser Gelegenheit durch den Sinn gegangen. Nur Eins will ich erwähnen, daß Sie auf eine sehr bedeutende Weise von demjenigen Gebrauch gemacht, wofür ich keinen Namen habe, das man aber Nachahmung, Malerey und ich weiß nicht sonst wie nennt, und das bey andern sehr fehlerhaft wird und ungehörig ausartet.

Es ist eine Art Symbolik fürs Ohr, wodurch der Gegenstand, insofern er in Bewegung oder nicht in Bewegung ist, weder nachgeahmt noch gemalt, sondern in der Imagination auf eine ganz eigene und unbegreifliche Weise hervorgebracht wird, indem das Bezeichnete mit dem Bezeichnenden in fast gar keinem Verhältnisse zu stehen scheint. Daß auf einem ganz natürlichen Wege in der Musik der Donner rollen und die Wellen brausen können, versteht sich von selbst. Wie glücklich Sie aber die Negation kein Damm, kein Feld durch den abgerissenen unterbrochenen Vortrag ausgedruckt haben, ist überraschend, so wie die Anticipation des Gefälligen vor der Stelle Doch Suschens Bild.

Lassen Sie mich nicht weiter gehen, weil man ja des Ganzen so wie des Einzelnen erwähnen müßte. Nächstens hoffe ich es noch einigemal zu hören und mich daran recht von Grund aus zu ergötzen; welches besser ist als Reflexion und Urtheil. Ihre Correcturen sind auch angekommen und eingeschaltet.

[204] Was das Lied betrifft, so könnte man es Pflicht und Frohsinn nennen. Fahren so fort und suchen Sie daß jedesmal, so oft es gesungen wird, von irgend einem wohlgelaunten Manne, eine neue Strophe eingeschaltet oder statt einer andern gesungen wird. Noch habe ich die Melodie nicht gehört; es war diese Tage gar zu vielerley Drang um uns her.

Leben Sie nun recht wohl, und senden mir das Trommellied von Voß: denn Eberwein hat es nicht mitgebracht. Unsere kleine Societät gab vor kurzem im Theater eine musicalische Unterhaltung, wo Ihr In Flammen nahet Gott, so wie die Gunst des Augenblicks und anderes den besten Effect machten.

Weimar den 6. März 1810.

G. [205]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-801D-5