17/4999.

An Friedrich Schiller

Mit einer Anfrage, wie Sie sich befinden, will ich über unsere Angelegenheit nur einiges sagen, damit Sie vorläufig erfahren, wie es steht. Die Hälfte der[229] Übersetzung glaube ich in der Mitte Januars, die andre Hälfte zu Ende abliefern zu können. Mit dem was dabey zu sagen wäre sieht es schon etwas weitschichtiger aus. Anfangs geht man ins Wasser und glaubt, man wolle wohl durchwaten, bis es immer tiefer wird und man sich zum schwimmen genöthigt sieht. Die Bombe dieses Gesprächs platzt gerade in der Mitte der französischen Literatur und man muß sich recht zusammennehmen, um zu zeigen, wie und was sie trifft. Überdieß lebt Palissot noch im 74sten Jahre, wenn er nicht vergangenes Jahr gestorben ist; um so mehr muß man sich hüten keine Blößen zu geben.

Auch ist manche kritische Bestimmung innerhalb des Dialogs schwerer als ich anfangs dachte. Das Stück, die Philosophen, erscheint darin als ein erst kurz gegebenes und es ward den 20. May 1760 zum erstenmal in Paris gespielt. Der alte Rameau lebte noch. Dieß setzte die Epoche wenigstens vor 1764, wo er starb. Nun wird aber der trois siecles de la Literature françoise gedacht, die erst 1772 herausgekommen sind. Man müßte also annehmen, daß der Dialog früher geschrieben und nachher wieder aufgefrischt worden sey, wodurch solche Anachronismen wohl entstehen können. Bis man aber in solche Dingen etwas ausspricht, muß man sich überall umsehen. Wann also diese Zugaben fertig werden könnte, ist schwerer zu berechnen, da ich auch vor Ostern die[230] Schilderung Winckelmanns liefern muß, die doch auch nicht aus dem Stegereif gemacht werden kann. Welches alles ich zu gefälliger Betrachtung einstweilen habe melden sollen. Übrigens befinde ich mich ganz leidlich und nicht ganz unthätig. Der ich in Erwartung eines bessern ein Gleiches wünsche.

Den 21. December.

Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1804. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-806F-B