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An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

schätzenswerthe Sendung hat mich höchst angenehm überrascht. Schon als Zeugniß Ihres fortdauernden Andenkens wäre sie mir sehr willkommen gewesen, nun aber enthält sie so viele wichtige Stücke, welche [294] gerade meiner Sammlung abgehen und kommt gerade an zu der Zeit, als ich Herrn Brocchi's Abhandlung über das Fassathal studire, durch Jahreszeit und Witterung aber von Jena abgeschlossen bin, und daher, zu meinem größten Vergnügen, Exemplare aus jener interessanten Gegend vor mir sehe. Das Verständniß genannter trefflicher Schrift wird nun erst recht möglich.

Dankbar vermelde ich sogleich die Ankunft und Benutzung dieser Naturschätze und freue mich der glücklich zurückgelegten Reise, wo Sie gewiß zu Ihren Zwecken sowohl im Geiste als an Besitz trefflich mögen gewonnen haben. Von Berlin hör' ich alles Gute und es läßt sich sicherlich hoffen daß das Werk mit Ehren aufgestellt seyn wird, wenn Ew. Hochwohlgeboren fortfahren den Muth des Künstlers zu beleben und Abweichungen zu verhindern. Über alles, worüber Herr Director Schadow mich fragen mochte, hab' ich ihm aufrichtig meine Gedanken gesagt; freylich ist jeder Künstler, der ein öffentliches Werk fertigt, wegen so mancher wunderlichen Einrede übel dran.

Sollte man, was die Inschriften betrifft, etwas anderes belieben, so stehe gern zurück.

Der ich, bereitwillig zu jedem freundlichen Gegendienst, mit wiederholtem Dank mich angelegentlichst empfehle.

gehorsamst

Weimar den 29. October 1817.

Goethe.


[295] Obschon alle übersendeten Stufen höchst interessant und mir sehr willkommen sind, so zeichne doch billig den Andalusit hier aus, der ein Gebirg im Kleinen bildet, so schön und ausdrucksvoll als mir noch nicht vorgekommen. Ferner ist die Prehnitstufe sehr merkwürdig, indem Herr Brocchi von dieser Art Folgendes äußert: – »Obschon der Prehnit gewöhnlich in das soeben beschriebene Gestein eingewickelt ist, so hab ich ihn doch, wiewohl selten, auch im unmittelbaren Zusammenhange mit dem Trapp-Porphyr gefunden, wo er die Wände der Gangspalten überkleidet, in welche er wahrscheinlich später durch Infiltration eingedrungen ist«. – Und so könnt' ich zu den übrigen auch manche Bemerkung machen, will aber nur soviel hinzufügen, daß ich mich in diesem Fall wie in mehreren über die disparate Nomenclatur betrübt habe,betrübt, im eigentlichen Sinne, weil dieß der Wissenschaft, die auf dem Anschaun ruht, vom unglaublichsten Schaden ist, wenn nahverwandte Gegenstände mit himmelweit entfernten, aus fremden Sprachen entlehnten disparaten Klängen und Tönen benannt werden. Dem Unheil war nicht auszuweichen, ich weiß es; blos dadurch wird es in etwas gemildert, daß man weiß es sey ein Unheil.

Wie viel bin ich Ihrer Sendung schuldig, daß sie mich darauf abermals aufmerksam macht und mir dagegen zu Hülfe kommt.

Danckbar, das beste wünschend

G. [296]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An August Claus von Preen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-80C8-1