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An Carl Cäsar von Leonhard

Für das Übersendete sage den schönsten Dank. Ich habe sogleich daraus ein kleines Heft gemacht, damit mir nichts, was auf Ihre Thätigkeit hindeutet, wieder verloren gehe.

Die Anzeige für Mineralogen giebt auch mir die besten Hoffnungen, denn so leidenschaftlich ich diesem Fache ergeben bin, so fehlt es mir doch an Zeit, ja an Gelegenheit, mich, wie ich wünschte, darin zu ergehen und festzusetzen. In Ihrem Werke sehe ich nun zum voraus meine Hoffnungen und Wünsche erfüllt; schon in diesem Entwurf herrscht weite Umsicht und Klarheit dergestalt, daß man an dem Gelingen keineswegs zweifeln darf. Was ich zum Besten des Unternehmens beytragen könnte, werde ich mit dem größtem Vergnügen thun.

[295] Den Aufsatz über die Altersfolge der Metalle lasse ich abschreiben und sende das Original zurück. Meine Bemerkungen über die Zinnformation schließlich zusammenzustellen, muß ich einen Anlauf nehmen, wie es immer geht, wenn man ein Angefangenes lange liegen ließ; das Nachzubringende will alsdenn nicht mehr passen, und man muß das Ganze wieder vornehmen, doch kann ich wohl hoffen, es dießmal zu Stande zu bringen.

Könnten Sie mir eine Notiz über Geologie und Mineralogie Persiens nachweisen, so geschähe mir gegenwärtig ein besonderer Gefalle.

Des Auftrags der Wetterauischen Gesellschaft werde ich mich schwerlich entledigen können, jene hohe Person hat ein Diplom der Jenaischen mineralogischen Gesellschaft entschieden abgelehnt. Erlauben Sie jedoch bey dieser Gelegenheit Ihnen als Candidaten zur Aufnahme in Ihre weitumfassende Gesellschaft meinen Sohn, den Hofjunker und Cammer-Assessor Julius August von Goethe, hiermit gehorsamst zu empfehlen. Die Liebe zu natürlichen Wissenschaften, besonders Mineralogie und Geologie ist ihm angeerbt und von Jugend auf ausgebildet worden. Auch im Versteinerungsfache, so weit unser letztes Flözgebirge einigen Beytrag liefert, wird er gern an Handen gehen.

Die Sammlung in kleinem Format, der Sie erwähnen, habe ich bey meiner ersten Durchreise durch Hanau gesehen, und ich gestehe gern, daß ich nichts[296] Appetitlicheres kenne, ich werde gewiß keine Gelegenheit sie zu empfehlen versäumen.

Unser guter Lenz ist, seitdem ihn die Fama getödtet hat, nur alle Tage munterer, und Ihnen sehr ergeben; möge er uns lange erhalten werden.

Vorstehendes war schon am 17. März geschrieben: Körperliches Mißbehagen aber, die Störung, welche die neusten Weltaussichten unerwartet in unsere Geschäfte und Mittheilungen bringen, hielten dieß Blättchen zurück, welches ich nun um so lieber fortschicke als ich, auf Ihr erfreuliches Schreiben vom 22. April, aufrichtigst Glück wünsche, daß die deutschen Angelegenheiten auch zu Ihren Gunsten eine entschiedene Wendung nehmen.

Ich sage nicht zu viel wenn ich versichere daß ich diese Zeit her immer um Ihretwillen beunruhigt gewesen. Denn da ich das Glück gehabt, durch Ihre gastfreye Aufnahme, Ihre Gesinnungen und vielseitigen Verhältnisse näher kennen zu lernen, so mußte mir es höchst peinlich seyn, eine so vollkommene und so vielwirkende Thätigkeit gehindert, gestört und vielleicht zuletzt gar vom Orte getrieben zu sehen. Es gereicht mir nun zum wahren Trost, in diesen auf's neue stürmenden Zeiten einen Freund sicher gelandet zu wissen.

gehorsamst

Weimar d. 1. May 1815.

Goethe. [297]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8153-0