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An Marianne von Willemer

Die freundlichste Hoffnung, die Sie mir geben: von dem köstlichen Honig wieder ein Fäßchen zu erhalten, bewahr ich geheim vor jungen und alten Leckermäulern, die sich an der vorigen Sendung nicht wenig zu Gute thaten, um, seiner Zeit, sie mit gleichem Genuß zu überraschen. Wann dieß Labsal aber ankommt, so überzeugen Sie sich, daß Ihrer immer wiederholt zum dankbarsten gedachte wird.

Die Maskenzüge sind auch wieder auch wieder glücklich zurück, und es ist nicht uninteressant zu sehen, was ein langer Friede für wunderliche Späße hervorbringt. Doch wollen wir uns und den hohen Societäten dergleichen Unterhaltungen gerne gönnen, wenn sie gleich nach und nach durch ernstere Zustände möchten vertrieben werden.

Über meine gegenwärtige Lage möchte ich Sie wohl mündlich beruhigen, brieflich läßt sich dergleichen nicht aus einander legen.

Eckermanns Gegenwart ist mir von großem Werth; er übernimmt eine Arbeit, die ohne entschieden verabredete Folge nicht denkbar wäre. Ich befinde mich verhältnißmäßig wohl und kann dem Nothwendigen genügen. Wer thätig seyn will und muß, hat nur das Gehörige des Augenblicks zu bedenken, und so kommt er ohne Weitläufig hindurch, da der Hauptzug[95] des Lebens sich ohnehin von selbst vorschreibt. ist das doch der Vortheil der Frauen, wenn sie ihn verstehn.

Das Mikrorama von Frankfurt wußt ich mir unter den Taschenspieler-Werkzeugen nicht recht zu erklären. Herzlichen Dank, daß wir Ihnen diese freundlichen Ansichten schuldig sind. Und so darf ich denn auch nicht verschweigen, daß mein trefflicher Arzt jene indischen Erdfrüchte für vollkommen echt und heilsam anerkennt.

Mögen Sie mir etwas genauer anzeigen, wo und wie Sie die schönsten blauen Schatten bemerkt? Sie sprechen davon gleich in Gefolg des Nordlichts, mit dem sie doch gleich in Gefolg des Nordlichts, mit dem sie doch keinen Zusammenhang zu haben scheinen. Es ist mir sehr viel werth, daß selbst meine Pedanterey jener Zeit Ihnen nicht lästig geworden, sondern Eindrücke zu später fruchtbarer Folge Ihnen zurückgelassen hat.

Noch etwas, in Gefolg des Obigen. Was mir am meisten zu schaffen macht, sind die Fremden. Manchmal ist es freylich sehr angenehm, die fernsten Nationen und die eigensten Charaktere kurz nach einander kennen zu lernen, deshalb ich mich auch, Durchreisende zu sehen, öfters nicht verweigere. Das Schlimmste aber ist, daß gerade die Interessantesten die Gefährlichsten sind; denn sie erregen in mir ein fremdes Interesse, was mich in dem Augenblick gar nichts angeht und doch anzieht und ablenkt von dem, was ich eigentlich [96] zu leisten habe. Das gibt ein zwiespältiges Gefühl, das zuletzt auch überwunden seyn will.

Dieß nicht als Klage, sondern als Darstellung meines Zustandes, der Theilnahme meiner liebenswürdigen Freundin empfohlen.

Herzlichst

Weimar den 25. Januar 1831.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Marianne von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-815B-F