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An August von Goethe

Herr von Buch ist bald verschwunden. Ich habe mich mit ihm höflichst aus einander gehalten. Mit[98] einem Vulkanisten ist nicht zu reden. Graf Sternberg denkt glücklicherweise wie wir, und da läßt sich denn mit wenigem vorwärts rücken.

Der neue Wein war glücklich angekommen, der alte Carlsbader half mir über eine Woche durch; das Fass ruhte aus, und der Tranck fürsterlich. Ob er gleich mir und Freunden gut schmeckte sind doch noch 42 Flaschen großes Maaß im Keller, für's künftige geblieben. Hierbey hat denn freylich Stadelmann recht, welcher meint: man sollte den Wein in Bouteillen kommen lassen, wodurch er schneller trinkbar wird und manches Mühsame und Unangenehme wegfällt.

Das Fragment eines kostbaren fossilen Zahns, welches hier soll gefunden seyn und dreyßig Jahre in einem Familienschatz verwahrt worden, hätte ich die gerne zugewendet. Es ist der hintere Theil eines Backzahns und mag einem seltsamen Elephanten angehört haben, welches bey Vergleichung mit Cuviers und d'Altons Tafeln sich aufklären wird. Damit wir aber auch unser Theil dahin nehmen, hat Stadelmann eine Form mit vieler Sorgfalt gefertigt. Einen reinen Ausguß, gefirnißt und künstlich gemahlt, bringe ich dir mit, denn die Farbe ist hier von der größten Bedeutung; sie mit ihrem Emailleglanz könnte nur der Porzellanmeister nachahmen.

Steine sind hier schon gränzenlos zusammen geschleppt. Drey achtzehn Fuß lange Bretter werden heute noch auf Böcke gelegt, damit Graf Sternberg[99] morgen mit einem capitalen geologischen Frühstück empfangen werde. Wir haben mancherley Hülfsmittel, um diese Einzelheiten als Folge interessant zu machen.

In Pograd sind wir gewesen, wo das zu Eisen verwandelte Holz vorkommt, und haben Analoga gefunden von den vorzüglichen Exemplaren die wir schon besitzen. Diese kommen freylich nur selten vor. Ort und Stelle aber zu sehen und zu begreifen, wie es zugegangen, ist eine hübsche Sache. Grüße nun alles zum schönsten. Sage mir wie die Frankenhäuser Badelustigen sich befinden, auch was allenfalls sonst merkwürdig wäre. Schreibe und wenn du Gelegenheit hättest (durch Herrn von Linker allenfalls), so sende eins und das andere. Zuerst also warte ich ab, wie lange der Graf hier bleibt, und dann ergibt sich auch wohl das Weitere. Ich befinde mich in meiner Art recht wohl, möge es euch in der eueren auch so ergehen.

Eger den 29. Juli 1822.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1822. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8160-1