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An Friedrich Schiller

Ob noch Sonnabend den 15. Iphigenie wird seyn können, hoffe ich durch Ihre Güte morgen zu erfahren, und werde alsdann eintreffen, um, an Ihrer Seite, einige der wunderbarsten Effecte zu erwarten, die ich in meinem Leben gehabt habe die unmittelbare Gegenwart eines, für mich, mehr als vergangenen Zustandes.

Mit meinem hiesigen Aufenthalt bin ich recht wohl zufrieden. Das Geschäft ist weiter gediehen als ich hoffte, ob gleich, wenn man strenge will, noch [84] wenig geschehen ist. Wenn man aber denkt, daß man in solchem Falle eigentlich nur auf Execution liegt und, vom handwerksmäßigsten, bis zum litterarischten Mitarbeiter, jeder bestimmt, geleitet, angestoßen, rectificirt und wieder ermuntert seyn will; so ist man zufrieden, wenn man nur einigermaßen vorrückt.

Der Bibliothekssecretair Vulpius hat sich musterhaft gezeigt, er hat, in dreyzehen Tagen, 2134 Stück Zettel geschrieben. Das heißt Bücher-Tittel, auf einzelne Zettel, ausgeschrieben. Überhaupt sind vier Personen etwa mit 6000 Zetteln, in dieser Zeit, fertig geworden, wo man ohngefähr sieht was zu thun ist.

Diese Büchermasse war die ungeordnete, nachgelassene, nun kommen wir auch an die schon stehende, ältere. Indessen muß das Ganze doch, oberflächlich, auf einen wirken, und es ist wie eine Art von Bad, ein schwereres Element, in dem man sich bewegt und in dem man sich leichter fühlt, weil man getragen wird.

Ich habe in dieser Zeit manches gelernt und einiges gethan. Könnte ich Sie und Meyern, über den andern Abend, mit meinem neugefundnen unterhalten und dagegen wieder von dem Ihrigen einnehmen, so wüßte ich mir nichts besseres. Vielleicht wird aber für uns alle dieses dreywöchentlich zusammengedrängte nur desto erfreulicher.

Leben Sie recht wohl und sagen mir von sich nur wenige Worte, durch den Boten.

Jena den 11. May 1802.

G. [85]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1802. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8183-4