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An Charlotte von Stein

d. 17. Sept. 82 Abends.

Ganz stille habe ich mich nach Hause begeben, um zu lesen, zu kramen und an dich zu dencken. Ich binn recht zu einem Privatmenschen erschaffen und begreiffe nicht wie mich das Schicksal in eine Staatsverwaltung und eine fürstliche Familie hat einflicken mögen.

Dir lebe ich meine Lotte, dir sind alle meine Stunden zugezählt, und du bleibst mir das fühle ich.

So lang ich dich gestern sehn konnte wehte ich mit dem Schnuptuche, auf dem Weege war ich bey dir, nur wie ich die Stadt erblickte fühlt ich erst den Raum der mich von dir trennte.

Ich versuchte mir den ersten Theil, vielmehr den Anfang meines Mährgens ausführlicher zu dencken und stellenweise Verse zu versuchen, es ginge wohl wenn ich Zeit hätte, und häusliche Ruhe.

d. 18ten früh.

Die ersten Tage meiner Entfernung von dir sind immer sehr schmerzhafft ieden Augenblick mögte ich zu dir laufen, und kann meine Gedancken nirgendhin ableiten. Sehnsuchtsvoll erwarte ich ein Briefgen von dir, und wie dir es in Rudolstadt gegangen ist.

Wie schön wird es seyn wenn du wieder da bist und nur die Ackerwand uns trennt du einzige.

[58] Nachts.

Die Fischerinn ist gespielt. Wie bey allem und nach allem ich dein verlange!

Sie haben schlecht gespielt, und hundert Schweinereyen gemacht, am Ende war freylich das Stück vorüber, wie wenn einer nach einem Reh schösse es fehlte und durch ein ohngefähr einen Hasen träfe. So ists mit dem Effeckt! pp Der beste Effeckt ist den zwey gleiche Seelen auf einander machen. Der auch in der Entfernung nicht fehlen kann und der von keinen dritten, Ackteurs oder Instrumentalisten abhängt.

Ich habe dir einen Vorschlag zu thun doch den Morgen frühe. Heut gute Nacht.


d. 19ten früh.

Mein Vorschlag ist der du sollst mir Sonntags in Blanckenhahn begegnen. Ich ritte zu guter Zeit hinaus und fände dich, wir blieben den Tag zusammen und gingen Abends zurück. Ich kann nicht bis Michäl warten, und kann täglich weniger ohne dich seyn.

Auch kann ich nicht warten bis ein Bote kommt, ich schicke meinen Purschen zu Pferde der mag sich durch Wind und Wetter schlagen.

Hierbey empfängst du allerley.

Und die eifrigste Versicherung meiner Liebe.

G.

Wenn du willst kann Götze uns gleich bey Schleusing melden.

[59] Hier auch ein Billet von den Kindern ein Tiefurter Journal pp.

Eben fällt mir ein daß die Lengefelds mit dir kommen vielleicht hindert dich das. Dein Bruder kommt erst den Montag.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-81D7-A