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An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Haben Sie tausend Dank, werthester Herr und Freund, für das schöne und ehrenvolle Blatt, welches Sie übersendet, und sprechen gefällig gegen den Herrn Director und die ansehnliche Akademie mein dankbares Anerkennen mit freundlichen Worten aus. Durch die gute Aufnahme des jungen Müller wird unser Kunstkreis Ihnen verschuldet, es soll mich sehr freuen in der Folge zu sehen, wie jene Anstalten auch bey einem der Unsrigen Früchte erzeugen.

Mit Sehnsucht erwarte ich das mir angekündigte Werk. Ich bin geneigter als jemals die Regionen zu besuchen, worin Sie als in Ihrer Heimath wohnen. [158] Je älter man wird, desto mehr verallgemeint sich alles, und wenn die Welt nicht ganz und gar verschwinden soll, so muß man sich zu denen halten, welche sie aufzubauen im Stande sind.

Die Wahl einer so lieben Gattin gab mir die Versicherung Ihres häuslichen Glücks, und eine unmittelbare Nachricht davon ist mir höchst erfreulich. Erhalten Sie mir beyderseits einen freundschaftlichen Antheil, bis ich hoffentlich einmal so glücklich bin, Sie unter Ihren Kunstschätzen zu besuchen.

Da man von trefflichen Freunden entfernt ihnen oft länger als billig stumm bleibt, so sind die Stunden, die ich auf meine Arbeit wende, mir um desto angenehmer, weil ich hoffen kann, mich dadurch so manchem verehrten Geiste unvermuthtet zu nähern und ihm für das längst Empfangene auch eine kleine Gabe hinzureichen.

Eine frische Ausgabe meiner Werke, die ich so eben vorbereite, wird manches Neue bringen. Möge sie Ihnen nicht mißfällig seyn, vielmehr zur Erheitrung dienen. Leben Sie recht wohl und gedenken mein zu guter Stunde.

Treu verbunden

Weimar, den 16. Jänner 1815.

Goethe.


Erlauben Sie, daß ich als Nachschrift ein paar kleine Angelegenheiten empfehle. Die erste betrifft unsern hiesigen geschickten Bildhauer Weißer, der [159] eine Marmorbüste, Lucas Cranach vorstellend, für die Sammlung Ihrer Königlichen Hoheit des Kronprinzen gearbeitet und solche vor einiger Zeit nach München abgesendet hat. Er sieht nun der Zahlung mit einiger Verlegenheit entgegen, da er, wie es Künstlern oft zu gehen pflegt, sich nicht eben in den reichlichsten Umständen befindet. Soviel ich weiß, ist diese Zahlung nur durch die Abwesenheit Ihrer Königlichen Hoheit verspätet worden, vielleicht könnten Sie, verehrter Freund, etwas zu ihrer Beschleunigung wirken; so würden Sie einen braven Mann, für den ich mich zu interessiren alle Ursache habe, sehr verbinden.

Das Zweyte betrifft eine freylich sehr veraltete Sache: im Jahre 1803 erhielt ein bayrischer Künstler, Herr Hoffmann, bey uns den Preis. Die Vorstellung war Ulyß und der Cyclop, seine Zeichnung ist dem Januar von 1804 der Allgemeinen Jenaischen Literatur-Zeitung copeylich vorgesetzt. Er machte mir darauf ein Geschenk des Originals, wünschte aber, daß solches in München zu seiner Empfehlung gesehen würde. Ich sendete sie auch dorthin ab, wenn ich nicht irre, an Herrn von Mannlich. Die erfolgten stürmischen Zeiten machten dieses Blatt, so wie manches andere, vergessen, und erst jetzt, da ich meine Zeichnungen der lebenden Künstler in Ordnung bringe, werde ich wieder daran erinnert.

Wollten Sie wohl die Gefälligkeiten haben, Sich darnach zu erkundigen. Vielleicht ist sie aufzufinden,[160] denn es war damals der Wunsch, daß sie der Akademie vorgelegt würde. Erhielt' ich sie dann, durch Ihre Gefälligkeit und Sorgfalt, in gutem Zustande zurück, so würde diese Document früherer und nicht ganz undankbarer Bemühung mir doppeltes Vergnügen machen.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8203-D