22/6285.

An Friedrich Carl Ferdinand von Müffling

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben mir durch die Nachricht, daß die Angelegenheit der Sternwarte bey Jena immer weiter vorrücke, ein besonders Vergnügen gemacht, indem ich sowohl großen Antheil einiges beytragen kann, wenn ich, so sehr es auch wünschte, der durch Ew. Hochwohlgeb. an mich gelangten Aufforderung nicht zu entsprechen im Stande bin. Sie erlauben, daß ich die Verhältnisse hier auseindersetze.

[306] Auf die Gesamtacademie Jena im Allgemeinen habe ich keinen Geschäftseinfluß, aber das Glück, in Verbindung mit Herrn Geheimdenrath von Voigt Excellenz den Museen und anderen wissenschaftlichen Anstalten, welche Serenissimus drüben als Landesherr, ja gewissermaßen privatus einrichten lassen, vorzustehen und sie aus einer mäßig dotirten Casse zu erhalten.

Sollte nun die neue astronomische Anstalt an die Museumscommission gewiesen uns aus der Museumscasse auch diese jährlichen Bedürfnisse künftig bestritten werden, so würde dazu Serenissimi höchste Erklärung und Befehl, sowie auch eine verhältnißmäßige Dotation erforderlich seyn.

Eine solche Absicht unseres gnädigsten Herren läßt sich nicht wohl voraussetzen. Jene Museen und übrigen verwandten Anstalten beziehen sich sämmtlich auf Naturgeschichte und Naturlehre und machen dadurch ein kleines Ganze, dessen innerer Gehalt der Commission nicht fremd ist, und dessen äußere Absicht nicht außer ihrem Wirkungskreise liegt. Die Sternwarte hingegen ist auf Mathematik gegründet. Außer ihren wissenschaftlichen, weltbürgerlichen Zwecken ist sie als eine Landesanstalt anzusehen, hat auf gewisse, ins bürgerliche Leben eingreifende Einrichtungen unmittelbaren Einfluß, als auf Verfertigung der Calender und auf alles, was Zeit, Maß und Gewicht im höheren Sinne betrifft; sie bleibt also wohl billig [307] jenen Behörden untergeben, wo nicht nur die nöthige Einsicht und Wissenschaft bey den Vorgesetzten wohnt, sondern auch untergeordnete, practische, ins Leben eingreifende Anstalten schon organisirt sind, und gewiß wird auch von solchen Behörden eine zweckmäßige und nicht sehr kostbare Unterstützung am besten gereicht werden können.

Ew. Hochwohlgeb. verzeihen, wenn ich umständlicher geworden, als es nöthig scheinen möchte. Es war mir darum zu thun, die Verhältnisse aufs genauste auseinanderzusetzen um Ew. Hochwohlgeb. zu über zeugen, wie sehr es mir leid thut, in diesem Falle meinen guten Willen nicht bethätigen zu können, und ich brauche nicht zu versichern wie sehr ich wünsche, jene Anstalt zum Nutzen und Vergnügen bald vollkommen zu sehen.

Mit vollkommenster Hochachtung

Weimar

den 31. März

1812.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Friedrich Carl Ferdinand von Müffling. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8214-5