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An Friedrich Schiller

Vorige Woche bin ich von einem sonderbaren Instinckte befallen worden, der glücklicherweise noch fortdauert. Ich bekam Lust das religiose Buch meines Romans auszuarbeiten und da das Ganze auf den edelsten Täuschungen und auf der zartesten Verwechslung des subjecktiven und objecktiven beruht; so gehörte mehr Stimmung und Sammlung dazu als vielleicht zu einem andern Theile. Und doch wäre, wie Sie seiner Zeit sehen werden, eine solche Darstellung unmöglich gewesen wenn ich nicht früher die Studien nach der Natur dazu gesammelt hätte. Durch dieses Buch das ich vor Palmarum zu endigen dencke bin [244] ich ganz unvermuthet in meiner Arbeit sehr gefördert, indem es vor und rückwärts weißt und indem es begränzt zugleich leitet und führt. Der Prokurator ist auch geschrieben und darf nur durchgesehen werden. Sie können ihn also zur rechten Zeit haben.

Ich hoffe es soll mich nichts abhalten Palmarum zu Ihnen zu kommen und einige Wochen bey Ihnen zu bleiben, da wollen wir uns einmal wieder etwas zu Gute thun.

Mich verlangt nach Ihnen letzten Arbeiten, Ihre er sten haben wir gedruckt mit Vergnügen wiedergelesen.

Im Weimarischen Publico rumoren die Horen gewaltig, mir ist aber weder ein reines pro noch contra vorgekommen, man ist eigentlich nur dahinter her, man reißt sich die Stücke aus den Händen, und mehr wollen wir nicht für den Anfang.

Herr v. Humbold wird recht fleißig gewesen seyn, ich hoffe auch mit ihm mich über anatomica wieder zu unterhalten. Ich habe ihm einige, zwar sehr natürliche, doch interessante Präparate zurecht gelegt. Grüßen Sie ihn herzlich und die Damen. Der Procurator ist vor der Thüre. Leben Sie wohl und lieben mich, es ist nicht einseitig. W. d. 18. März 1795.

G. [245]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1795. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-825A-9