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An Christiane von Goethe

Heute, Freytag de 22. erhalten wir euer freundliches Schreiben vom 15., welches sich auf die erste Sendung durch den Kutscher bezieht, indessen werdet ihr erhalten haben einen eigenhändigen Brief vom 10. und einen anderen umständlicheren vom 13.

Da nun hieraus zu ersehen ist, daß die Briefe hin und her jedesmal ohngefähr acht Tage laufen, so muß man im Wechsel schreiben, wenn man einigermaßen in Verbindung bleiben will.

Von allen Dingen wollen wir also die näheren Umstände unseres hiesigen Aufenthalts vermelden. Seit unserem letzten haben sich die Aspecten eher verbessert, als verschlimmert, und wir haben uns, durch eine gute Öconomie, mit dem vorigen Jahre ins Gleiche zu setzen gesucht.

Der Werth des Silbers ist wieder gestiegen, es steht ongefähr auf 220. Ich habe mich mit Prag in Connexion gesetzt um nicht immer in den Händen der hiesigen Juden zu seyn.

Nach dem Gelde ist wohl der Wein am ersten werth daß man sein gedenke. Wir haben unseren Bedarf bis Ende Juni im Keller; alles aber wohl überlegt, mußt du dir nothwendig, was du zu brauchen glaubst, mitbringen.

[26] Das fruchtbare, den Wiesen und dem Sommergetreide ersprießliche Wetter erniedrigt vielleicht auch den Preis der Fourage, und das Essen ist auf alle Fälle besser und wohlfeiler, als bey Herrn Steiner in Jena.

Die Wehedizer, durch unsere Ankunft erfreut, bringen schon wieder die köstliche Butter. Wenn August einmal seine Schenkhosen anziehen sollte, so siehe daß du einen Goldpfenning für Rösen erwischest. Sie haben uns für den Juli nicht ganz ohne Hoffnung vom lustigen Wein gelassen; vor einem Jahre, sagen sie, hätten sie hundert Eimer verschenkt, doch nicht mit dem größten Vortheil. Die Herren Fremden wären artig gewesen und hätten bezahlt, die aus dem Lande hätten sich betrunken, tumultuirt und wären schuldig geblieben.

Seit einigen Tagen haben wir abwechselnd Gewitter und Regen, welches uns aber in unserem schönen hohen Zimmerchen nicht rührt. Ich finde immer so viel zeit um mir im Trocknen eine artige Skizze zu holen, die ich nachher zu Hause ausführe.

Der Sprudel rast gewaltiger, als jemals. Am Neubrunn ist der Aufenthalt ganz abscheulich, weil gebaut wird. Wenn's regnet weiß man nicht wohin zu treten, geschweige wohin zu gehen.

Kein Blatt von der Liste ist noch nicht ausgegeben, indessen kommt täglich etwa eine Partie. Herr v. Könne ist der einzige ältere Bekannte. Zu deiner[27] größten Zufriedenheit aber kann ich dir melden, daß Frau von Reck bald hier eintreffen wird. Es ist schon in Töplitz und hat mich durch Doctor Mitterbacher grüßen lassen. Ich werde durch ein freundliches Betragen euch einen freundlichen Empfang vorbereiten.

Dem Herr Hofrath Meyer vermelde meinen schönsten Gruß und sage ihm, er möchte sich nicht abwendig machen lassen nach Carlsbad zu kommen, wer ordentlich leben wolle, lebe hier noch wohlfeil genug.

Sodann wünschte ich denn doch auch zu hören, wie es mit Professor Riemer geht, ob er sich bey euch sehen läßt und, wenn nicht, ob ihr sonst etwas von ihm vernehmt. Es ist gar zu viel daran gelegen zu wissen, wie er sich in seinem neuen Zustande befindet.

Grüßt mir alle Freunde, besonders die, die euch freundlich besuchen. Ich hoffe daß ihr mir eine Radirung von Wolf mitbringen werdet.

Für die Theaternachrichten danke ich; es ist recht gut daß du dich der Lefevre annimmst. Siehe daß du dir sie für den Sommer gut unterbringst.

Noch ist zu vermelden, daß eure vorjährige Gönner und Freunde, der Graf Zichy in den drey Lerchen, Herr Kreishauptmann v. Nitzschwitz aus Leipzig in der Harfe angekommen, und daß also immer mehr Gäste zu hoffen sind.

[28] Wollt ihr mir von Zeit zu Zeit schreiben, wie es euch geht, so ist es wohlgethan; ich werde noch manches von mir hören lassen und meinen letzten Brief an August addressieren.

Lebet nun recht wohl, die Inlage bitte ich zu beherzigen, den 21. soll alles zu eurem Empfang bereitet seyn.

Carlsbad den 24. May 1812.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82E8-B