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An den Großherzog Carl August

[Concept.]
Durchlauchtigster Großherzog,
Gnädigster Landesfürst und Herr!

Ew. Königliche Hoheit geruhen nachfolgenden unterthänigsten Vortrag mit Höchstdero gewohnten milden Gerechtigkeitsliebe aufzunehmen.

Großherzogliche Landesregierung hat unterzeichnete Behörde benachrichtigt, daß der bey dem Bibliotheksgeschäft [121] angestellte Diener: Johann Christoph Sachse, wegen am 5. December v. J. an der Witwe Johanna Maria Querndt verübten groben Mißhandlungen zu sechswöchentlicher Gefängnißstrafe verurtheilt worden.

Wenn nun großherzogliche Regierung, wie schon vorauszusetzen, zum Überflusse versichert: hiebey alle Milderungsgründe berücksichtigt zu haben, so kann Unterzeichneter nur bedauern, daß ein bey dem friedlichsten sittlichen Bildungsgeschäft angestellter bejahrter Mann sich eines solchen Vergehens schuldig gemacht, daher man denn auch nicht sowohl um Milderung der Strafe bittet, als um gnädigste Bestimmung derselben auf eine Weise, daß ein so bedeuten des und keine Unterbrechung leidendes Institut durch Entziehung eines nothwendigen Dieners nicht zugleich mit gestraft werde.

Unterthänigst vertrauend: Höchstdieselben werden diesen Umstand huldreichst in Betracht ziehen, findet man sich gedrungen, noch eine Bemerkung hinzuzufügen.

Aus der strafbaren That selbst sowohl, als aus denen von Sachsen angebrachten Entschuldigungsgründen geht hervor: daß dieser Mann in einem leidenschaftlich-irrigen Seelenzustande befangen sey; wie er denn auch schon im Laufe seiner Dienstjahre, obgleich an seiner Stelle thätig und brauchbar, sowohl seinen Vorgesetzten als Geschäftsgenossen manchen Verdruß aus düsterm Eigensinn, halsstarrigem Dünkel und Rechthaben verursacht.

[122] Sollte dieser sein Gemüthszustand, welcher freylich durch langwieriges, kaum zu ertragendes Haus- und Familienkreuz immer mehr geschärft und verbittert worden, durch gegenwärtige Ahndung des heftigen Ausbruchs nicht verbessert, vielleicht gar verschlimmert werden und durch bedenkliche Symptome sich bemerklich machen, so wird der Vorbehalt erlaubt seyn, hievon pflichtschuldige Anzeige zu thun und auf Entfernung des Mannes von seiner Stelle geziemend anzutragen, womit er denn vorläufig bedroht vor geringeren und größeren Irrthaten gewarnt und vielleicht noch gerettet werden könnte.

Verehrend.

Weimar den [6.] Februar 1821.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82EA-7