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An Friedrich Schiller

Schon einigemal dachte ich zu fragen wie es Ihnen ginge, und thue es jetzt. Damit Sie aber Lust haben einigermaßen ausführlich zu seyn; so erzähle ich folgendes von mir:

An dem Supplement zu Cellini ist es zeither sachte, vorwärts gegangen. Ich habe manches Fördernde gelesen und gedacht.

Einige neue Kupfer sind mir zugekommen, die mir Vergnügen und Unterricht gewähren.

Einen ungeschickten Abguß des Kopfs einer Venus Urania, von Kassel, habe ich, mit Liebe, ausgeputzt und restaurirt, damit er nur einigermaßen anzusehen sey. Ich mußte, theilweise, das Nebulistische vorwalten lassen, das denn, bey der bestehenden köstlichen Grundform, in diesem Collisivfalle gelten mag.

An Humboldt habe ich einen langen Brief abgelassen.

[169] An den Münzen ist wenig geschehen; doch giebt jeder Ein- und Anblick neue Belehrung.

Doctor Chladni ist angekommen und hat seine ausgearbeitete Akustik in einem Quartbande mitgebracht. Ich habe sie schon zur Hälfte gelesen und werde Ihnen darüber mündlich, über Inhalt, Gehalt, Methode und Form manches Erfreuliche sagen können. Er gehört, wie Eckhel, unter die Glückseligen, welche auch nicht eine Ahndung haben, daß es eine Naturphilosophie giebt und die nur, mit Aufmerksamkeit, suchen die Phänomene gewahr zu werden, um sie nachher so gut zu ordnen und zu nutzen als es nur gehen will, und als ihr angebornes, in der Sache und zur Sache geübtes Talent vermag.

Sie können denken, daß ich, sowohl beym Lesen des Buchs, als bey einer mehrstündigen Unterhaltung, immer nach meiner alten Direction fortgeforscht habe, und ich bilde mir ein, einige recht gute Merkpuncte, zu weiteren Richtungen, bezeichnet zu haben.

Überhaupt sehe ich es als ein gutes Omen an, daß er eben jetzt kommt, da wir, mit einiger Wahrscheinlichkeit Zeltern erwarten.

Auch hatte ich eben die Farbenlehre einmal wieder durchgedacht und finde mich, durch die, in so vielem Sinn, kreuzenden Bezüge, sehr befördert.

Möchten Sie wohl Chladni eine Viertelstunde gönnen? damit Sie doch auch das Individuum kennen lernen, das, auf eine sehr entschiedene Weise, sich und[170] seinen Wirkungskreis ausspricht. Vielleicht geben Sie ihm, da er, von Jena aus, gern Rudolstadt besuchen möchte, eine empfehlende Zeile mit.

So weit für dießmal! ob ich gleich noch einiges Plus und Minus zu vertrauen hätte, wovon denn eins das andere übertragen mag.

Leben Sie wohl! und sagen mir auch von sich etwas ausführliches und lassen Sie uns, da wir uns beyde gegen das Ausgehen sträuben, wenigstens, wie jene Verliebte, über den Schirm correspondiren.

Weimar am 26. Jan. 1803.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1803. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82FB-1