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An Friedrich Schiller

Sobald ich mich von Jena entferne, werde ich gleich von einer andern Polarität angezogen, die mich denn wieder eine Weile fest hält. Ich hatte mehr als Eine Veranlassung nach Weimar zurück zu kehren[193] und bin nun hier um des Herzogs Ankunft zu erwarten, und wieder auf eine Weile verschiednes zu ordnen und einzulenken; indessen denke ich, daß ich heute über 8 Tage wieder bey Ihnen seyn werde. Da ich gar nichts bey mir habe, sondern alles in Jena zurückgeblieben ist, so mußte ich mich in meine alten Papiere zurückziehen und habe allerley gefunden, das wenigstens als Stoff uns zunächst noch dienen kann.

Ich schicke die französische Romanze. Es war recht gut, daß ich sie nicht in der Nähe hatte, denn gewisse sehr artige Tournüren hätten mich abgehalten meinen eignen Weg zu gehen. In das andere beyliegende Manuscript mochte ich gar nicht hineinsehen, es mag ein Beyspiel eines unglaublichen Vergreifens im Stoffe, und weiß Gott für was noch anders ein warnendes Beyspiel seyn. Ich bin recht neugierig was Sie diesem unglücklichen Producte für eine Nativität stellen.

Meine Geschäfte sind in Roßla zu meiner Zufriedenheit abgelaufen, meine Assistenten haben mir Sorge und Nachdenken erspart und ich brauchte nur zuletzt über gewisse Dinge zu entscheiden die blos vom Willen des Eigenthümers abhängen.

Mittwoch oder Donnerstag wird unser Herzog wieder kommen, aber nicht lange verweilen.

Leben Sie recht wohl und empfangen mich wo möglich mit etwas lyrischem.

Das zwölfte Stück der Horen habe ich, wie es scheint, noch nicht erhalten, ich bitte darum mit den[194] Botenfrauen. Ich habe von Anfang her noch verschiedne einzelne Stücke, vielleicht könten wir uns wechselweise dadurch einige Exemplare completiren, mit denen man, nach dem seligen Hintritt dieser Göttinnen, noch immer jemanden einen Gefallen thut.

Grüßen Sie mir bestens Ihre liebe Frau und befinden sich zum besten in diesen Tagen die, wenn sie gleich nicht die schönsten sind, doch die Vegetation trefflich begünstigen.

Wieland war in Oberroßla sehr munter. Das Landleben macht ihm noch immer viel Freude, doch hat ers eigentlich noch nicht angetreten. Die Vorbereitungen dazu kommen mir vor wie das Collegium der Anthropologie, das manchen ehrlichen Kerl schon in die Mühseligkeiten der Medicin gelockt hat. Mich sollen wills Gott die Wiesen, sie mögen noch so schön grün seyn, und die Felder, sie mögen zum besten stehen, nicht auf dieses Meer locken.

Nochmals ein Lebewohl. Mittwochs sage ich wieder einige Worte.

Weimar am 24. Juni 1798.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-832F-7