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An Christian Gottlob Voigt

Zürch am 25. Oct. 1797.

Ihre werthen Briefe vom 22. Sept. bis den 6. October haben mich in Zürch auf's freundlichste empfangen, als wir von den obern Gegenden des Zürich Sees in die Stadt kamen. Die Heiterkeit, womit Sie mich von den mancherley Zuständen und Vorfällen die Ihnen nah sind unterrichten, vermehrt den Muth und die Lust auch wieder bald zurück zu kehren. Wir gedenken noch Basel zu sehen und alsdann über Schafhausen, Tübingen und wahrscheinlich über Anspach und Nürnberg unsere Rückreise zu nehmen. Die Herbsttage haben hier noch viel angenehme Stunden und wir hoffen daß uns auch auf dem Wege die Jahrszeit günstig seyn soll.

Nun einiges kürzlich über den Inhalt Ihrer gefälligen Briefe. Wollten Sie mit den Osmanstädtern die Negotiation auf die 18/m Thaler wieder anknüpfen, so würde es unserer alten Absicht immer gemäß seyn, bey der ich noch immer verharre. Und auf das Roslaische Gut lassen Sie doch auch noch 50 Thaler mehr bieten, wenn jener Freund so wild zu Werke geht, so müssen wir uns desto beharrlicher und zäher finden lassen. Inzwischen komme ich wieder und Sie überlegen was zu thun ist.

[341] Die Anlage der neuen Scheunen und Häuser hat viel gutes, doch würde ich meo voto die Baulustigen um's neue Schloß sammeln und vor allen Dingen eine neue Reihe Häuser von der Hauptwache bis zur Bibliothek befördern. Indessen geschieht in der Welt so wenig planmäßiges, daß wir in unserm kleinen Kreise uns die Zufälligkeiten der Anlässe und Erscheinungen auch wohl können gefallen lassen.

Dauthe ist ein verdienstvoller Mann, wie er sich aus den Decorationen des Schlosses ziehen wird, wollen wir abwarten. Ich zweifle, daß er die Mannigfaltigkeit der Motive habe die nöthig sind, um einen so großen Raum mit Glück zu decoriren. Ich würde hierzu unter der gehörigen Aufsicht und der regulirenden Einwirkung eher Personen wählen, die erst ganz frisch Rom und Paris gesehen und sich daselbst einen Reichthum der Mittel und einen Geschmack der Zusammensetzung erworben haben. Indessen bin ich für mein Theil zufrieden, wenn nur jemand die Sache in Theilen angiebt und im Ganzen dirigirt, denn auf-oder abgenommen ist alles am Ende ganz einerley was gemacht wird. Wenn man einen rechten Park sehen will, so muß man nur vier Wochen in der Schweiz umherziehen, und wenn man Gebäude liebt, so muß man nach Rom gehen. Was wir in Deutsch land, ja aller Orten, der Natur aufdringen und der Kunst abgewinnen wollen, sind alles vergebliche Bemühungen.

[342] Verzeihen Sie mir diese gleichsam hypochondrischen Reflexionen, ich freue mich Ihres guten Humors der aus Ihren freundschaftlichen Briefen hervorleuchtet um desto mehr als ich immer selbst vielleicht allzusehr zum Ernste geneigt bin.

Wegen des Apothekers will ich mich in Tübingen erkundigen, wo ich einen sehr braven Mann in dieser Kunst habe kennen lernen. Heute kommen uns von Basel wieder Friedenshoffnungen, es bleibt uns nichts übrig als daß wir abwarten.

Lassen Sie sich unser Theater einigermaßen empfohlen seyn. Ich freue mich, wenn der Almanach Ihnen etwas Angenehmes gebracht hat, sowohl dieser als der Viewegische sollte schon aufgewartet haben, wenn meine Bestellungen alle wären richtig besorgt worden. Leben Sie recht wohl, es ist eine der angenehmsten Hoffnungen der ich entgegensehe, Sie noch vor Ende des nächsten Monats zu umarmen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8379-0