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An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

gegenwärtig schönstens und bestens zu begrüßen mit den Vermelden, daß ich abgewichenen Sommer, obgleich bey übler Witterung, doch mit Vortheil das Marienbad gebraucht und dabey manches Gute genossen habe, gibt mir mein gnädigster Herr erwünschte Gelegenheit.

Ich soll nähmlich anfragen: ob nicht von Herrn v. Boos in Schönbrunn ein Exemplar der Theophrasta longifolia für Belvedere zu erlangen wäre? allenfalls durch günstige Einwirkung des Herrn Oberkämmerer Grafen Brbna Excellenz. Da die Jahreszeit schon so weit vorgerückt ist, so würde es wohl am besten seyn, die gegönnte Pflanze den Winter hindurch wohl zu pflegen und sie im Frühjahr anher zu senden, welches Ihro Königliche Hoheit dankbarlichst erkennen würden.

Ferner wünscht man bey unserm osteologischen Kabinett, welches Ew. Hochwohlgeboren schon soviel begünstigt, den skelettirten Kopf eines ungarischen Ochsen und zwar von der größten Sorte, in Absicht denselben zu vergleichen mit einem neuerlich im Torfbruche bey Haßleben gefunden, von welchem das ganze Skelett bis auf wenige Theile glücklich gewonnen worden. [144] Nun aber trennen sich die Rechnungen, einige wollen ihn für ein Geschöpf der Urwelt ansprechen, andere hingegen sind des Dafürhaltens, daß es eben so gut ein versunkener ungarischer Ochs seyn könnte, deren viele, bis zu den neusten Zeiten, auf einen, in der Nachbarschaft gedachten Moors, berühmten und viel besuchten Pferde- und Viehmarkt gebracht worden.

Mögen Ew. Hochwohlgeboren eine solche Bestellung gefällig übernehmen, so würde dieser Schädel neben dem Büffel, den wir Ihnen gleichfalls verdanken, einen schicklichen Platz finden und zu Beylegung des entstandenen Streits wohl das Entschiedenste beytragen.

Zum Schluß verfehle nicht zu melden, daß des Herrn Grafen Kaspar v. Sternberg Excellenz die Aufmerksamkeit, welche derselbe durch Ew. Hochwohlgeboren Vermittelung mir zugewendet, bis in die neusten Zeiten freundlichst fortgesetzt und mich an seinen aufgefundenen unterirdischen Schätzen, deren Abbildungen und wissenschaftlicher Behandlung, geneigtest Theil nehmen lassen.

Jena den 15. October 1821.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Carl Franz Anton von Schreibers. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-837A-E