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An Anna Elisabeth von Türckheim

Ihr lieber Brief, verehrte Freundinn, kam zu spät, Ihr Herr Sohn schickte mir ihn von Dresden. Er war bey mir gewesen, ohne daß ich's wußte er sey es. Ich verwechselte die beyden Familien, ähnliches Nahmen, und hielt ihn von der andern. Aber auch so, als mir ganz fremd, hat er mir sehr wohlgefallen, das zweytemal kam ein Regenguß gelegen, der ihn [471] lange bey mir festhielt. Ich machte mir Vorwürfe ihn nicht bey Tische behalten zu haben, da es eben an der Zeit war, denn ich empfand eine wahrhafte Neigung zu ihm. Mit Ungeduld erwarte ich den andern Angekündigten schon lange vergeben, ich wünsche bey diesem nachzuholen was ich bey dem ersten versäumte.

Zum Schluß erlauben Sie mir zu sagen; daß es mir unendlich Freude machte, nach so langer Zeit, einige Zeilen wieder von Ihrer lieben Hand zu sehen, die ich tausendmal küsse in Erinnerung jener Tage, die ich unter die glücklichsten meines Lebens zähle. Leben Sie wohl und ruhig nach so vielen äußern Leiden und Prüfungen, die zu uns später gelangt sind und bey denen ich oft Ursache habe an Ihre Standhaftigkeit und ausdauernde Großheit zu denken. Nochmals ein Lebewohl mit der Bitte meiner zu gedenken.

Ihr ewig verbundener

Weimar d. 14. Dec. 1807.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Anna Elisabeth von Türckheim. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-83FF-6